Royal Wedding in Schloss Sigmaringen – Teil 2: Hochzeitsmenü
[Fortsetzung des Beitrags „Royal Wedding in Schloss Sigmaringen – Teil 1: Verlobung“]
Die erst 17-jährige Prinzessin Marie von Edinburgh, Enkelin von Queen Victoria und Zar Alexander II., träumte von einer Liebesehe mit ihrem Verlobten Ferdinand von Hohenzollern-Sigmaringen, dem Thronfolger des kinderlosen rumänischen Königs Karl I. Bei ihrem ersten Besuch in Ferdinands Heimat – Sigmaringen an der jungen Donau mit seiner wunderschönen Umgebung – war sie herzlich empfangen worden. Es war Frühling gewesen und die Obstbäume hatten in schönster Blüte gestanden. Die Hochzeit dagegen fand wenige Monate später am 10. Januar 1793 unter anderen Vorzeichen statt. In ihrer Autobiographie „Traum und Leben einer Königin“ erinnert sich Marie an viele Details.
Sigmaringen statt Windsor
Sie und ihre Familie waren eine Nacht und einen Tag größtenteils in einem unbequemen und kalten Zug angereist. Am Hof in Sigmaringen herrschte Hochbetrieb, der König von Rumänien war mit großem Gefolge angekommen, ebenso der deutsche Kaiser Wilhelm II. und unzählige weitere Angehörige des europäischen Hochadels. Ein Wermutstropfen im Kelch der Braut war die Abwesenheit von Großmama Victoria. Eigentlich hätte die Trauung wie bei allen ihren Enkelkindern in der St. George’s Chapel von Windsor Castle stattfinden sollen, doch die Würdenträger der protestantischen und katholischen Kirche vor Ort hatten sich nicht einigen können, welchem Ritus der Vortritt zu lassen sei, also war die Wahl auf Sigmaringen gefallen. Eine derartige Reise aber war der alten Dame aus England nicht mehr zumutbar.
Zum Nachdenken dürfte das Brautpaar an seinem Ehrentag nicht gekommen sein:
„Begrüßungen auf der Station, Festtafeln, Empfänge von Deputationen und andere Verpflichtungen der Art nahmen uns unaufhörlich in Anspruch und halfen uns hinweg über die letzten aufregenden Stunden vor der Trauung.“
Trauung mal drei
Am Hochzeitsmorgen „weckten mich Glockenklänge, Festglocken, Glocken für meine eigene Hochzeit“. Laut eines zeitgenössischen englischen Magazins, das über Insider-Informationen verfügt zu haben scheint, begann der offizielle Teil mit Huldigungen von Abordnungen aus den umliegenden Kreisen, dem ein spätes Frühstück im Familienkreis folgte. Allzu viel hat die junge Braut vermutlich nicht gegessen, bevor sie in ihrem schweren mattweißen Seidenkleid mit Puffärmeln, einem Glockenrock und langer Schleppe vor den Traualtar trat. Da sie eine Abneigung gegen Spitze hatte, trug Marie einen Tüllschleier, „der von einer Diamantentiara mit Orangenblütenkreuz“ festgehalten wurde. Noch am Vormittag wurde in der Portugiesischen Galerie die zivile, in der Schlosskirche die katholische und in einem der Salons die protestantische Trauungszeremonie vollzogen. Diesen folgte ein „großartiger Hochzeitsimbiss“.
Zwölf Gänge zum Start ins Eheleben
In der Bibliothek von Schloss Sigmaringen hat sich die originale Menüfolge dieses „Imbisses“ erhalten. Man weiß deshalb, dass zwölf Gänge serviert wurden und auch um welche Speisen es sich dabei handelte. Eine der Speisenfolgen wurde vom Maitre de Cuisine nach intensivem Stöbern in alten Kochbüchern und wochenlangen Versuchen nachgekocht. Bei der Veranstaltung „Ein königliches Hochzeitsmenü“ können zu festgesetzten Terminen und nach vorhergehender Anmeldung – das nächste Mal am 17. Oktober 2018 – Besucher das Ergebnis kosten. Um die Kapazitäten von Küche und Teilnehmern nicht zu sehr zu strapazieren, belässt man es bei fünf Gängen. Die Köstlichkeiten – darunter „Potage Windsor“ (eine Suppe zu Ehren von Königin Victoria), „Truite saumonée“ (Lachsforelle) und „Punch a la Romaine“ (ein hochprozentiges Dessert) – werden serviert im Schein von Lüstern und an langer Tafel, begleitet von Anekdoten, die zwei „Hofdamen“ verraten, und Erläuterungen seitens des Küchenchefs.
Der Start mag gut gewesen sein, die Ehe allerdings wurde problematisch. „Nando“ war äußerst besitzergreifend und schirmte seine junge Gemahlin von allen ab. Nicht einmal ihre Hofdame durfte sie „außerdienstlich“ sehen. Dabei war Marie, wie sie selbst in ihrer Autobiografie feststellt, fast noch ein Kind, und hätte dringend einer mütterlichen Freundin bedurft. Gerade erst aus dem Schoß der Familie entlassen, war sie weit weg in ein völlig fremdes Land verbracht worden. Einsamkeit und Heimweh zehrten an ihr. Es dauerte Jahre, bis sie und ihr Gatte, dem sie drei Jungen und drei Mädchen gebar, eine stabile Basis miteinander fanden und sie als Kronprinzessin und ab 1914 als Königin Maria ihr Land und Volk lieben lernte. Das engagierte Königspaar war bei seinen Untertanen ausgesprochen beliebt, entsprechend groß war die Anteilnahme, als Ferdinand 1927 und Marie 1938 im rumänischen Sinaia starben.
Literatur
Maria von Rumänien: Traum und Leben einer Königin. Leipzig: List Verlag, 1935 [u.ö.]. [In den Zitaten wurde die Rechtschreibung der derzeit geltenden Orthographie angepasst.]
Erika Bestenreiner: Die Frauen aus dem Hause Coburg. Aus dem fränkischen Herzogtum auf die Throne Europas. München: Piper Verlag, 2010 [u.ö.].
The Marriage of H.R.H The Princess Marie of Edinburgh with H.R.H Ferdinand, Crown Prince of Roumania at Sigmaringen, January 10, 1893. In: Supplement to The Graphic, London, January 21, 1893.
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