Kloster Seligenstadt
Die ehemalige Benediktinerabtei Seligenstadt wird seit den 1980er-Jahren durch die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen behutsam im Sinne der letzten Blütezeit des 17. und 18. Jahrhunderts restauriert. Heute bietet das ehemalige Benediktinerkloster mit den Klausur- und Wirtschaftsgebäuden sowie dem Klostergarten einen unvergesslichen Einblick in das klösterliche Leben.
2015 veröffentlichten die beiden Seligenstädter Matthias und Andreas Neubauer das Buch: „‚Man rühre es drei Ave Maria lang …‘. Geschichten, Rezepte und Menschen aus dem Benediktiner Kloster Seligenstadt“. Im Folgenden finden Sie einen Auszug daraus.
Fotos: Matthias Neubauer
Es klappert die Mühle …
Die Klostermühle ist das älteste Wirtschaftsgebäude innerhalb der Mauern von Kloster Seligenstadt und stammt aus dem Jahr 1574. Sie wurde in der Amtszeit von Abt Philipp Merkel (1557-1590) als Getreide- und Ölmühle anstelle eines Vorgängerbaus errichtet. Die Mönche waren vermutlich von Anfang an unabhängig und konnten ihre Grundnahrungsmittel innerhalb des Klosters selber herstellen.
Kein Mehl bei Wassernotstand
Die alte Mühle wurde noch unterschlächtig vom Klosterbach angetrieben. Hatte der Bach im Sommer zu wenig Wasser, konnte eben kein Getreide gemahlen oder Öl gestampft werden. So hat man 1574 die Mühlräder tiefer in die Erde gebaut, so dass der Bach von oben auf die Räder laufen kann, hat damit eine oberschlächtig betriebene Mühle geschaffen und wurde unabhängig vom Wasserstand. War im Sommer weniger Wasser im Bachlauf, konnte man per Schleuse das Wasser zu dem Rad leiten, das am nötigsten gebraucht wurde. So wurde die Mühle leistungsfähiger und konnte jederzeit den erhöhten Nahrungsmittelbedarf der Abtei decken. Bei gutem Wasserstand konnten die drei Räder gleichzeitig genutzt werden.
Ein Mühlrad betrieb die Ölstampfe. Hier wurden Ölfrüchte wie Raps, Bucheckern oder Leinsamen in großen Behältern über eine gewisse Zeit dank Wasserkraft mit Holzpfosten zerstampft. Der entstandene Brei konnte anschließend ausgepresst werden. So hatte man bestes, kaltgepresstes Speiseöl geschaffen. Der übriggebliebene Ölkuchen wurde als nährstoffreiches Viehfutter verwendet. In schweren Zeiten buk man daraus Armenbrote zur Armenspeisung diese Brote hatten wenig Nährwert, sättigten dafür umso besser.
Nahrhafte Armenspeisung
Das mittlere Mühlrad trieb die Schrotmühle an. Hier wurde Gerste und Hafer grob geschrotet, um daraus später Getreidebrei kochen zu können. Dieser Getreidebrei war sehr nahrhaft und jederzeit für alle Klosterbewohner verfügbar. In der Klosterküche wurde nicht nur für die Mönche, sondern auch für die Bediensteten, durchreisende Gäste und Wallfahrer gekocht. Außerdem standen täglich Arme und Kranke an der Durchreiche zur Armenspeisung für einen Teller Habernbrey. In den Aufzeichnungen eines Seligenstädter Pfarrers ist zu lesen, dass im 18. Jahrhundert täglich 1 Fass Bier und 1 Fass Suppe an die Armen verteilt wurden. Die Großzügigkeit der Mönche war so groß, dass die Wirte in der Stadt keinen Armentisch mehr einzurichten brauchten.
Das dritte Mühlrad brauchte man zur Mehlgewinnung. Hauptsächlich wurde hier Roggen und Weizen zu Mehl gemahlen. Ende des 16. Jahrhunderts benötigte man täglich etwa drei Malter Mahlgut, nach dem Frankfurter Maß waren das ca. 350 Kilo Getreide.
Eine Mühle wird wieder zum Leben erweckt
Durch die Initiative und Finanzierung des Förderkreises Historisches Seligenstadt wurde die Klostermühle aufwendig restauriert. 1994 war die Mühle nach dreijähriger Bauzeit wiederhergestellt. Die größte Herausforderung war zunächst das Beschaffen von Wasser. Der Klosterbach war nämlich längst ausgetrocknet, da im 20. Jahrhundert durch Erschließungsmaßnahmen in der Stadt der Grundwasserspiegel deutlich gesunken ist. Das alte Bachbett war nur noch als ausgetrocknete Rinne zu erkennen und über die lange Zeit mit Müll und Unrat verfüllt. Man errichtete unter dem ehemaligen Wirtschaftshof in der Nähe des Taubenhauses einen unterirdischen Wassertank. In dieser Zisterne sammelt man das Regenwasser von den Klosterdächern. So verbraucht man kein kostbares Frischwasser und schont die städtische Kanalisation. Mit einer Pumpe wird nun das Wasser im wiederhergestellten Bachlauf zu den Mühlrädern gebracht. Nachdem die Mühlräder in Gang gesetzt wurden, fließt das Wasser aber nicht einfach weg, sondern man befördert es unterirdisch zurück in die Zisterne.
Früher lief der Klosterbach durch die angrenzende Remise, die sinnvollerweise auch als Waschhaus genutzt wurde, durch den Mühlgarten zum Freihof.
Für diese durchdachte und umweltschonende Rekonstruktion bekam der Förderkreis Historisches Seligenstadt 1995 den Denkmalschutzpreis des Landes Hessen überreicht.
Kloster Seligenstadt
Rezept: Zwiebel-Klosterbrotsuppe
Zwiebeln schälen, halbieren und in feine dünne Streifen schneiden. 50 g Butter in einem breiten Topf schmelzen, Zwiebelstreifen zufügen und darin bei mittlerer Hitze 3-4 Min. anschwitzen. Dann mit Zucker
bestreuen, Zwiebeln damit leicht karamellisieren und unter gelegentlichem Umrühren langsam in ca. 30 Min. bei reduzierter Hitze goldbraun und weich schmoren.
Inzwischen Schnittlauch in feine Ringe schneiden. Das Brot in mundgerechte Stücke schneiden und in einer breiten Pfanne zusammen mit Thymian und angedrücktem Knoblauch in der restlichen Butter unter
regelmäßigem Wenden goldbraun rösten. Anschließend das Brot in tiefe Tassen oder Teller verteilen, geröstete Zwiebeln darauf geben. Brühe kurz aufkochen lassen, kräftig mit Salz, Pfeffer abschmecken
und über die Brotstücke in den Tassen schöpfen. Mit Schnittlauch bestreut servieren.
Zutaten für 4 Portionen
3 große milde Zwiebeln
125 g Butter
1 El Zucker
1 Bund Schnittlauch
300 g altes Klosterbrot (oder Bauernbrot)
4-5 Thymianzweige
2-3 Knoblauchzehen, geschält
750 ml kräftige Fleischbrühe
Salz, Pfeffer
Hallo,
ich erlaube mir als einer der aktiven „Hobby-Müller“ aus der Klostermühle eine kleine fachliche Korrektur des Textes, der mir übrigens wirklich sehr gut gefällt.
Der Hafer wurde nicht mit einem Mühlstein „geschrotet“, wie im Text beschrieben. Hafer lässt sich aufgrund des Fettanteils im Korn nicht mit einem Stein schroten oder ausmahlen, das Profil des Steins würde sehr schnell zugesetzt bzw. verklebt. Der Hafer wurde vielmehr in der „Stampfe“ zerstoßen. Vermutlich wurde die „Ölstampfe“ (wie vorher beschrieben) wesentlich öfter zum Stampfen von Hafer verwendet, als zur Ölgewinnung. Die aufgestoßenen Haferflocken wurden dann mit Wasser oder Milch zu Brei verkocht. Dieser Haferbrei war nämlich nicht nur für die Armen sondern auch für die Mönche ein Grundnahrungsmittel.
Im Schrotgang konnte Roggen oder Weizen gebrochen werden, um das dann als Viehfutter zu verwenden. Oder, um auf die Gerste zu kommen, nachdem diese gemälzt wurde, auf dem Schrotgang der Malz geschrotet um daraus dann Bier herzustellen.Damit wäre auch die Verbindung zu einer anderen klösterlichen Tradition hergestellt.
Hallo Herr Haas,
ganz herzlichen Dank für ihren Hinweis und die Erläuterung, die wir gerne so stehen lassen. Allerdings können wir an dem Blogtext nichts ändern, denn er stammt nicht von uns, sondern aus dem Buch „Seligenstadt tischt auf“ von Andreas und Mathias Neubauer. Wir durften Text und Bilder großzügigerweise abdrucken.