Schloss Glienicke – der Traum von Italien
Allein schon der Tagungsort wäre eine Reise wert gewesen: Schloss Glienicke. Eigentlich liegt es im Südwesten Berlins und nahe an Potsdam, doch sobald man das Tor passiert hat und ein paar Schritte durch den Laubengang Richtung Schloss unterwegs war, glaubt man, ganz woanders zu sein, nämlich mitten in Italien bzw. mitten im schönsten italienischen Urlaub. Genau diese Wirkung hatte Prinz Carl von Preußen beabsichtigt, als er nach seiner ersten Italienreise 1823 dieses Sommerschloss dem Vorbesitzer Karl August Fürst von Hardenberg abkaufte und von Karl Friedrich Schinkel umbauen ließ.
Innenhof von Schloss Glienicke, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Der dritte Sohn von König Friedrich Wilhelm II. und Königin Luise wollte damit seinen „Traum von Italien“ verwirklichen, und das ist ihm bestens gelungen. Die Innenausstattung ist nicht mehr im Original vorhanden und wurde im Stile Schinkels rekonstruiert. Farbenfrohe Wände und klassizistische Schlichtheit fangen ebenso wie zahlreiche Kunstwerke aus dem Besitz von Prinz Carl im Obergeschoss die Atmosphäre der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Das mediterrane Flair ist besonders im Innenhof der zweigeschossigen Villa zu spüren. Die Fassaden wurden mit antiken Spolien geschmückt, die der passionierte Sammler in Italien erstanden hatte. Rasenfläche, Blumenbeete, Brunnen, Pergolen, grüne Fensterläden und Wandmalerei im pompejanischen Stil laden zum Träumen von italienischen Gefilden ein.
Schinkel arbeitete eng mit Peter Joseph Lenné zusammen, der den weitläufigen Garten im Stil eines Englischen Landschaftsgartens gestaltete. Getreu den Theorien des Gartenarchitekten Hermann Fürst von Pückler-Muskau richtete er in unmittelbarer Nähe zum Schloss einen Pleasureground ein.
Schlosspark Glienicke, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
In Glienicke wird er bewacht von den golden glänzenden Bronze-Löwen der Löwenfontäne, die einem Vorbild aus der römischen Villa de Medici folgt. Weitere malerisch gruppierte Staffagebauten wie das Stipadium, die Große Neugierde, der Klosterhof und das Casino sorgen immer wieder für einen neuen Blickfang und neue Stimmung. Schloss und Garten bilden bis heute eine Einheit, und steht man wie wir an einem heißen Sommertag unter der Pergola des Casinos und sieht auf die Seenlandschaft der Havel hinaus, wandert die Fantasie ganz von selbst nach Süden.
Schloss Glienicke, Pergola am Casino, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Schloss Babelsberg – der Traum vom englischen Mittelalter
Schloss Glienicke gegenüber liegt Schloss Babelsberg. Vor nicht langer Zeit trennte der Eiserne Vorhang die beiden Schlösser, die ursprünglich Brüdern gehörten. Hatte Prinz Carl Glienicke erhalten, durfte sein älterer Bruder Prinz Wilhelm ab 1833 auf dem Babelsberg bauen. Auch hier war Karl Friedrich Schinkel am Werk, und dieses Mal schuf er zusammen mit seinem Schüler Ludwig Persius kein italienisches, sondern ein neugotisches Gebäude, das der romantischen Sicht auf das Mittelalter Tribut zollte.
Schlosspark Babelsberg, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Es war kein einfaches Unterfangen, griff Wilhelms Gattin Augusta doch mit ihren eigenen Vorstellungen von Gotik stark in die Gestaltung ein, zudem waren die finanziellen Möglichkeiten beschränkt. Erst als Wilhelm, der Zweitgeborene, aufgrund der Kinderlosigkeit seines älteren Bruders zum Thronfolger ernannt wurde, konnte ab 1840 angebaut und ein repräsentatives Sommerschloss realisiert werden. Schinkel sollte die Fertigstellung nicht mehr erleben, er starb 1841. Auch Persius war es nicht vergönnt, er verließ 1845 diese Welt. Die Architekten Rudolf Wilhelm Gottgetreu und Johann Heinrich Strack vollendeten den Bau. Heute wird das Schloss aufwendig saniert, was die Sonderführung, die wir erhielten, besonders interessant machte. Wir verraten vom Inneren nur so viel: Man darf auf die Wiedereröffnung gespannt sein!
Schloss Babelsberg, Ballsaal, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Bereits fertig renoviert sind, außer der Fassade, die Außenanlagen. Der Park war wie schon der von Schloss Glienicke von Peter Joseph Lenné geplant worden, vollendet aber wurde er von Hermann Fürst von Pückler-Muskau, der einmal mehr den Schlossraum ins Freie hinaus erweiterte. Befindet man sich im Gebäude, kommt durch die hohen Fenster immer wieder eine der fünf Terrassen in den Blick, die das Schloss umgeben und immer wieder neue Themen bespielen. Da inzwischen auch die gusseisernen Leitungen und zahlreiches Zubehör saniert wurden, kann man seit 2013 die Pückler’schen Wasserspiele wieder erleben. Aus dem Pleasureground wurde damit ein Plätscherground, dessen entspannende Wirkung heute jedermann erfahren darf.
Schlosspark Babelsberg, Porzellanterrasse, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Pfaueninsel – der Traum vom Landleben
Etwas weiter zurück in die Geschichte ging es bei unserer Führung auf der im Ortsteil Wannsee gelegenen Pfaueninsel. Schon die Anreise brachte Entschleunigung. Auf der 67 ha großen Insel gibt es keinen Autoverkehr, einzige Zugangsmöglichkeit ist die Fähre. Ende Juni herrschte hier extreme Trockenheit, seit März hatte es kaum mehr geregnet. Zwar zogen schwere Gewitterwolken auf, aber die Insel bekam nur wenig davon ab. Trotzdem wurde das Auge überall von sattem Grün angezogen.
Gewitterwolken über der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Obwohl früh besiedelt bzw. genutzt hatte die Insel für rund hundert Jahre brachgelegen, ihr Aufstieg begann erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als der spätere Nachfolger Friedrichs II., Friedrich Wilhelm II., in jungen Jahren das von Wald und Wasser umgebene Idyll für sich und seine Geliebte Wilhelmine Enke, spätere Gräfin Lichtenau, zum Liebesnest erkor. Sie ließen unter anderem das als romantische Ruine konzipierte Lustschloss an der Westspitze und die Meierei im Osten der Insel erbauen. Später nutzten König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise Schloss und Insel zeitweise als Sommersitz. Dank eines seltenen Glücksfalls ist die originale Einrichtung fast vollständig erhalten, sie zeigt verschiedenste Stilrichtungen und vereint harmonisch zeittypische Reminiszenzen an die Südsee und Frühklassizismus. Wer in nächster Zeit einen Besuch im Schloss plant, sollte dies schnell tun, denn ab dem 20. August wird es für mehrere Jahre wegen grundlegender Sanierung geschlossen.
Schloss Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Doch auch ohne Besichtigung des Schlosses ist die Pfaueninsel eine Attraktion und für Liebhaber naturnaher Garten- und Parkgestaltung geradezu ein Muss. Wieder war Peter Joseph Lenné am Werk. Ab 1821 schuf er einen reizvollen Landschaftspark und legte unter Schonung des uralten Baumbestands im westlichen Teil einen Garten an, im westlichen Wiesen und Felder. In der Mitte pflegte der König eines seiner Hobbys: Er unterhielt eine Menagerie. Bis zur Überführung des Tierbestands 1842 an die Zoologische Gesellschaft Berlin lebten darin Hunderte verschiedener Tierarten. Darunter durften natürlich auch die Namensgeber der Insel, die Pfauen, nicht fehlen, noch heute stolzieren die Nachkommen der ersten Exemplare über die Insel. Wer auf einen trifft, sollte vorsichtig sein, nicht zuletzt durch rabiate Besucher, die Jagd auf die Federn machen, sind sie ängstlich und beißen notfalls zu.
Nachfahre der Namensgeber der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Die Pfaueninsel ist längst ein sorgsam gehegtes Naturschutzgebiet. Dominiert wird es nach wie vor von Wald, wobei neben jahrhundertealten Eichen im 19. Jahrhundert angepflanzte exotische Bäume wie Ginkgo und Maulbeere stehen. Sie bieten unzähligen Insekten und Vögeln Schutz, und das Gezwitscher der Letzteren ist ständige Begleitung beim Spaziergang durch das Naturidyll. Unter den hohen Bäumen machen es sich Schafe gemütlich, und während des Sommers weiden Wasserbüffel, zwei Kühe mit ihren Kälbern, hier. In den Gartenanlagen ums Schloss blühen Rosen und Hortensien um die Wette, und in den Beeten leben in fröhlicher Eintracht Zierstauden und Gemüse wie Süßkartoffeln und Mangold nebeneinander. Man könnte tagelang durch dieses kleine Paradies wandern und dabei ganz vergessen, dass man sich am Rand der bevölkerungsreichsten Metropole Deutschlands befindet.
Fuchsien und Mangold vereint auf der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Schloss Charlottenburg – der Traum von Versailles
Dem Besuch auf der Pfaueninsel folgte ein Ausflug mitten hinein nach Berlin. Nach den nahezu ländlichen Schlossgenüssen an der Havel war es gewöhnungsbedürftig, sich plötzlich wieder im Großstadtgetümmel zu finden. Der Weg führte uns Schloss Charlottenburg, das allerdings bei seiner Erbauung alles andere als ein Stadtschloss war. Zunächst ließ Sophie Charlotte, Gemahlin des Kurfürsten Friedrich III., im Dorf Lietzow ein Lust- und Sommerschloss für sich erbauen. Es lag nicht zu weit von der Residenzstadt entfernt, bot aber beschauliche Ruhe. 1701 jedoch wurde ihr Gemahl zum König gekrönt, und für eine Königin war das Schlösschen eindeutig nicht repräsentativ genug. In der Folge wurde es bis 1750 zu einer repräsentativen Schlossanlage ausgebaut – der größten der Hohenzollern in Berlin. Nach dem Tod der Königin benannte Friedrich I. das Dorf Lietzow ihr zu Ehren in Charlottenburg um und verlieh ihm die Stadtrechte.
Schloss Charlottenburg, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Den Prinzipien des Barock entsprechend, gruppieren sich die Schlossräume um den zentralen Mittelbau, der durch die markante Kuppel betont wird. Wir wurden durch die langen Raumfluchten des Alten Schlosses geführt, die in ihrer prunkvollen Ausstattung die Machtfülle des preußischen Königshauses zum Ausdruck bringen sollten und tatsächlich noch immer bringen. Ein barocker Herrscher konnte sich nicht über den Willen des Volkes legitimieren, er tat dies, indem er den Willen Gottes zitierte. Wer aber „von Gottes Gnaden“ regierte, versuchte die vermeintlich von Gott gegebene Machtfülle wie Ludwig der XIV. in Versailles oder eben auch Friedrich I. in Charlottenburg nicht zuletzt mit prachtvollen Schlossbauten und entsprechenden Innenausstattungen zu demonstrieren.
Schloss Charlottenburg, Alte Galerie, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Auch das Porzellankabinett Friedrichs I. diente diesem Zweck. In einer Zeit, in der man in Europa noch kein eigenes Porzellan herstellen konnte, waren Porzellane aus China absolut begehrte und immens teure Sammelobjekte. Friedrich I. stellte in seinem Kabinett über 2600 dieser Kostbarkeiten aus und verstärkte die Wirkung durch große Spiegel. Seine Zeitgenossen müssen, so sie die Ehre hatten, bis in diesen Raum vorzudringen, ungeheuer beeindruckt gewesen sein, womit der König sein Ziel erreicht hatte.
Schloss Charlottenburg, Chinesisches Kabinett, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Letzte Station unseres Besuchs in Schloss Charlottenburg war die Silberkammer. Neben den Kroninsignien Friedrichs I. beherbergt sie vielfältige Porzellane, Gläser und Tafelstücke aus Edelmetall. Frühe Service aus der ersten Zeit der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) mit üppigem Blumendekor sind ebenso zu bewundern wie Teller mit zurückhaltenden klassizistischen Formen oder Teilen des zur Hochzeit des Kronprinzen Wilhelm und seiner Braut Cecilie von Kaiser Wilhelm II. in Auftrag gegebenen Silberservices. Der Gang durch die Silberkammer kam einer Zeitreise vom 18. ins 20. Jahrhundert gleich und rundete die zweitägige Exkursion des deutschen Schlösservereins, die eigentlich dem Thema „Sicher ist Sicher“ gewidmet war, aufs Schönste unter dem Vereinsmotto des Europäischen Kulturerbejahres – „Zu Tisch! Genießen in Schlössern und Gärten“ – ab.
Schloss Charlottenburg, Silberkammer, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Kleine Reise durch die preußischen Schlösser
Vom 19. bis 21. Juni 2018 trafen sich die Mitglieder des Vereins „Schlösser und Gärten in Deutschland e.V.“ zu ihrer alljährlichen Mitgliederversammlung und Jahrestagung. Teil der Tagung, die während des Sharing-Heritage-Summits in Berlin und Potsdam stattfand, war eine Exkursion zu einigen der zum UNESCO Weltkulturerbe zählenden Sehenswürdigkeiten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Text und Fotos: Andrea Hahn
Schloss Glienicke – der Traum von Italien
Allein schon der Tagungsort wäre eine Reise wert gewesen: Schloss Glienicke. Eigentlich liegt es im Südwesten Berlins und nahe an Potsdam, doch sobald man das Tor passiert hat und ein paar Schritte durch den Laubengang Richtung Schloss unterwegs war, glaubt man, ganz woanders zu sein, nämlich mitten in Italien bzw. mitten im schönsten italienischen Urlaub. Genau diese Wirkung hatte Prinz Carl von Preußen beabsichtigt, als er nach seiner ersten Italienreise 1823 dieses Sommerschloss dem Vorbesitzer Karl August Fürst von Hardenberg abkaufte und von Karl Friedrich Schinkel umbauen ließ.
Innenhof von Schloss Glienicke, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Der dritte Sohn von König Friedrich Wilhelm II. und Königin Luise wollte damit seinen „Traum von Italien“ verwirklichen, und das ist ihm bestens gelungen. Die Innenausstattung ist nicht mehr im Original vorhanden und wurde im Stile Schinkels rekonstruiert. Farbenfrohe Wände und klassizistische Schlichtheit fangen ebenso wie zahlreiche Kunstwerke aus dem Besitz von Prinz Carl im Obergeschoss die Atmosphäre der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Das mediterrane Flair ist besonders im Innenhof der zweigeschossigen Villa zu spüren. Die Fassaden wurden mit antiken Spolien geschmückt, die der passionierte Sammler in Italien erstanden hatte. Rasenfläche, Blumenbeete, Brunnen, Pergolen, grüne Fensterläden und Wandmalerei im pompejanischen Stil laden zum Träumen von italienischen Gefilden ein.
Schinkel arbeitete eng mit Peter Joseph Lenné zusammen, der den weitläufigen Garten im Stil eines Englischen Landschaftsgartens gestaltete. Getreu den Theorien des Gartenarchitekten Hermann Fürst von Pückler-Muskau richtete er in unmittelbarer Nähe zum Schloss einen Pleasureground ein.
Schlosspark Glienicke, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
In Glienicke wird er bewacht von den golden glänzenden Bronze-Löwen der Löwenfontäne, die einem Vorbild aus der römischen Villa de Medici folgt. Weitere malerisch gruppierte Staffagebauten wie das Stipadium, die Große Neugierde, der Klosterhof und das Casino sorgen immer wieder für einen neuen Blickfang und neue Stimmung. Schloss und Garten bilden bis heute eine Einheit, und steht man wie wir an einem heißen Sommertag unter der Pergola des Casinos und sieht auf die Seenlandschaft der Havel hinaus, wandert die Fantasie ganz von selbst nach Süden.
Schloss Glienicke, Pergola am Casino, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Schloss Babelsberg – der Traum vom englischen Mittelalter
Schloss Glienicke gegenüber liegt Schloss Babelsberg. Vor nicht langer Zeit trennte der Eiserne Vorhang die beiden Schlösser, die ursprünglich Brüdern gehörten. Hatte Prinz Carl Glienicke erhalten, durfte sein älterer Bruder Prinz Wilhelm ab 1833 auf dem Babelsberg bauen. Auch hier war Karl Friedrich Schinkel am Werk, und dieses Mal schuf er zusammen mit seinem Schüler Ludwig Persius kein italienisches, sondern ein neugotisches Gebäude, das der romantischen Sicht auf das Mittelalter Tribut zollte.
Schlosspark Babelsberg, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Es war kein einfaches Unterfangen, griff Wilhelms Gattin Augusta doch mit ihren eigenen Vorstellungen von Gotik stark in die Gestaltung ein, zudem waren die finanziellen Möglichkeiten beschränkt. Erst als Wilhelm, der Zweitgeborene, aufgrund der Kinderlosigkeit seines älteren Bruders zum Thronfolger ernannt wurde, konnte ab 1840 angebaut und ein repräsentatives Sommerschloss realisiert werden. Schinkel sollte die Fertigstellung nicht mehr erleben, er starb 1841. Auch Persius war es nicht vergönnt, er verließ 1845 diese Welt. Die Architekten Rudolf Wilhelm Gottgetreu und Johann Heinrich Strack vollendeten den Bau. Heute wird das Schloss aufwendig saniert, was die Sonderführung, die wir erhielten, besonders interessant machte. Wir verraten vom Inneren nur so viel: Man darf auf die Wiedereröffnung gespannt sein!
Schloss Babelsberg, Ballsaal, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Bereits fertig renoviert sind, außer der Fassade, die Außenanlagen. Der Park war wie schon der von Schloss Glienicke von Peter Joseph Lenné geplant worden, vollendet aber wurde er von Hermann Fürst von Pückler-Muskau, der einmal mehr den Schlossraum ins Freie hinaus erweiterte. Befindet man sich im Gebäude, kommt durch die hohen Fenster immer wieder eine der fünf Terrassen in den Blick, die das Schloss umgeben und immer wieder neue Themen bespielen. Da inzwischen auch die gusseisernen Leitungen und zahlreiches Zubehör saniert wurden, kann man seit 2013 die Pückler’schen Wasserspiele wieder erleben. Aus dem Pleasureground wurde damit ein Plätscherground, dessen entspannende Wirkung heute jedermann erfahren darf.
Schlosspark Babelsberg, Porzellanterrasse, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Pfaueninsel – der Traum vom Landleben
Etwas weiter zurück in die Geschichte ging es bei unserer Führung auf der im Ortsteil Wannsee gelegenen Pfaueninsel. Schon die Anreise brachte Entschleunigung. Auf der 67 ha großen Insel gibt es keinen Autoverkehr, einzige Zugangsmöglichkeit ist die Fähre. Ende Juni herrschte hier extreme Trockenheit, seit März hatte es kaum mehr geregnet. Zwar zogen schwere Gewitterwolken auf, aber die Insel bekam nur wenig davon ab. Trotzdem wurde das Auge überall von sattem Grün angezogen.
Gewitterwolken über der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Obwohl früh besiedelt bzw. genutzt hatte die Insel für rund hundert Jahre brachgelegen, ihr Aufstieg begann erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als der spätere Nachfolger Friedrichs II., Friedrich Wilhelm II., in jungen Jahren das von Wald und Wasser umgebene Idyll für sich und seine Geliebte Wilhelmine Enke, spätere Gräfin Lichtenau, zum Liebesnest erkor. Sie ließen unter anderem das als romantische Ruine konzipierte Lustschloss an der Westspitze und die Meierei im Osten der Insel erbauen. Später nutzten König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise Schloss und Insel zeitweise als Sommersitz. Dank eines seltenen Glücksfalls ist die originale Einrichtung fast vollständig erhalten, sie zeigt verschiedenste Stilrichtungen und vereint harmonisch zeittypische Reminiszenzen an die Südsee und Frühklassizismus. Wer in nächster Zeit einen Besuch im Schloss plant, sollte dies schnell tun, denn ab dem 20. August wird es für mehrere Jahre wegen grundlegender Sanierung geschlossen.
Schloss Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Doch auch ohne Besichtigung des Schlosses ist die Pfaueninsel eine Attraktion und für Liebhaber naturnaher Garten- und Parkgestaltung geradezu ein Muss. Wieder war Peter Joseph Lenné am Werk. Ab 1821 schuf er einen reizvollen Landschaftspark und legte unter Schonung des uralten Baumbestands im westlichen Teil einen Garten an, im westlichen Wiesen und Felder. In der Mitte pflegte der König eines seiner Hobbys: Er unterhielt eine Menagerie. Bis zur Überführung des Tierbestands 1842 an die Zoologische Gesellschaft Berlin lebten darin Hunderte verschiedener Tierarten. Darunter durften natürlich auch die Namensgeber der Insel, die Pfauen, nicht fehlen, noch heute stolzieren die Nachkommen der ersten Exemplare über die Insel. Wer auf einen trifft, sollte vorsichtig sein, nicht zuletzt durch rabiate Besucher, die Jagd auf die Federn machen, sind sie ängstlich und beißen notfalls zu.
Nachfahre der Namensgeber der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Die Pfaueninsel ist längst ein sorgsam gehegtes Naturschutzgebiet. Dominiert wird es nach wie vor von Wald, wobei neben jahrhundertealten Eichen im 19. Jahrhundert angepflanzte exotische Bäume wie Ginkgo und Maulbeere stehen. Sie bieten unzähligen Insekten und Vögeln Schutz, und das Gezwitscher der Letzteren ist ständige Begleitung beim Spaziergang durch das Naturidyll. Unter den hohen Bäumen machen es sich Schafe gemütlich, und während des Sommers weiden Wasserbüffel, zwei Kühe mit ihren Kälbern, hier. In den Gartenanlagen ums Schloss blühen Rosen und Hortensien um die Wette, und in den Beeten leben in fröhlicher Eintracht Zierstauden und Gemüse wie Süßkartoffeln und Mangold nebeneinander. Man könnte tagelang durch dieses kleine Paradies wandern und dabei ganz vergessen, dass man sich am Rand der bevölkerungsreichsten Metropole Deutschlands befindet.
Fuchsien und Mangold vereint auf der Pfaueninsel, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Schloss Charlottenburg – der Traum von Versailles
Dem Besuch auf der Pfaueninsel folgte ein Ausflug mitten hinein nach Berlin. Nach den nahezu ländlichen Schlossgenüssen an der Havel war es gewöhnungsbedürftig, sich plötzlich wieder im Großstadtgetümmel zu finden. Der Weg führte uns Schloss Charlottenburg, das allerdings bei seiner Erbauung alles andere als ein Stadtschloss war. Zunächst ließ Sophie Charlotte, Gemahlin des Kurfürsten Friedrich III., im Dorf Lietzow ein Lust- und Sommerschloss für sich erbauen. Es lag nicht zu weit von der Residenzstadt entfernt, bot aber beschauliche Ruhe. 1701 jedoch wurde ihr Gemahl zum König gekrönt, und für eine Königin war das Schlösschen eindeutig nicht repräsentativ genug. In der Folge wurde es bis 1750 zu einer repräsentativen Schlossanlage ausgebaut – der größten der Hohenzollern in Berlin. Nach dem Tod der Königin benannte Friedrich I. das Dorf Lietzow ihr zu Ehren in Charlottenburg um und verlieh ihm die Stadtrechte.
Schloss Charlottenburg, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Den Prinzipien des Barock entsprechend, gruppieren sich die Schlossräume um den zentralen Mittelbau, der durch die markante Kuppel betont wird. Wir wurden durch die langen Raumfluchten des Alten Schlosses geführt, die in ihrer prunkvollen Ausstattung die Machtfülle des preußischen Königshauses zum Ausdruck bringen sollten und tatsächlich noch immer bringen. Ein barocker Herrscher konnte sich nicht über den Willen des Volkes legitimieren, er tat dies, indem er den Willen Gottes zitierte. Wer aber „von Gottes Gnaden“ regierte, versuchte die vermeintlich von Gott gegebene Machtfülle wie Ludwig der XIV. in Versailles oder eben auch Friedrich I. in Charlottenburg nicht zuletzt mit prachtvollen Schlossbauten und entsprechenden Innenausstattungen zu demonstrieren.
Schloss Charlottenburg, Alte Galerie, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Auch das Porzellankabinett Friedrichs I. diente diesem Zweck. In einer Zeit, in der man in Europa noch kein eigenes Porzellan herstellen konnte, waren Porzellane aus China absolut begehrte und immens teure Sammelobjekte. Friedrich I. stellte in seinem Kabinett über 2600 dieser Kostbarkeiten aus und verstärkte die Wirkung durch große Spiegel. Seine Zeitgenossen müssen, so sie die Ehre hatten, bis in diesen Raum vorzudringen, ungeheuer beeindruckt gewesen sein, womit der König sein Ziel erreicht hatte.
Schloss Charlottenburg, Chinesisches Kabinett, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse
Letzte Station unseres Besuchs in Schloss Charlottenburg war die Silberkammer. Neben den Kroninsignien Friedrichs I. beherbergt sie vielfältige Porzellane, Gläser und Tafelstücke aus Edelmetall. Frühe Service aus der ersten Zeit der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) mit üppigem Blumendekor sind ebenso zu bewundern wie Teller mit zurückhaltenden klassizistischen Formen oder Teilen des zur Hochzeit des Kronprinzen Wilhelm und seiner Braut Cecilie von Kaiser Wilhelm II. in Auftrag gegebenen Silberservices. Der Gang durch die Silberkammer kam einer Zeitreise vom 18. ins 20. Jahrhundert gleich und rundete die zweitägige Exkursion des deutschen Schlösservereins, die eigentlich dem Thema „Sicher ist Sicher“ gewidmet war, aufs Schönste unter dem Vereinsmotto des Europäischen Kulturerbejahres – „Zu Tisch! Genießen in Schlössern und Gärten“ – ab.
Schloss Charlottenburg, Silberkammer, Foto (c) Andrea Hahn | Text & Presse