Zeitgemäßes Wohnen
Das junge Ehepaar bewohnte, der preußischen Tradition folgend, zwei Residenzen – im Winter das um die Mitte des 19. Jahrhunderts nochmals durchgreifend umgestaltete Kronprinzenpalais Unter den Linden, im Sommer das am Heiligen See im Potsdamer Neuen Garten gelegene Marmorpalais aus dem späten 18. Jahrhundert. Da beide Häuser nicht mehr den gewandelten Vorstellungen von komfortablem fürstlichem Wohnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprachen, hatten Kronprinzen Wilhelm und Kronprinzessin Cecilie bereits nach wenigen Ehejahren den Wunsch nach einer zeitgemäßen ganzjährig bewohnbaren Residenz für sich selbst und die künftigen Kronprinzenpaare geäußert. Kaiser Wilhelm II. stimmte schließlich zu und ordnete an, ab 1912 jährliche Mittel zum Bau eines neuen Schlosses einzustellen. Der mit den modernen Störungen der Architektur bestens vertraute Paul Schultze-Naumburg, auf den das Kronprinzenpaar eventuell durch den Umbau des Gutshauses im nahegelegenen Neukladow aufmerksam geworden war, wurde mit den Planungen beauftragt. Die Bausumme sollte knapp eineinhalb Millionen Mark betragen. Für den Herbst 1915 war die Fertigstellung vorgesehen; im Mai 1913 legte Kronprinz Wilhelm den Grundstein zu Schloss Ceciliehof.
Das neue Schloß entstand auf Wunsch des Kronprinzenpaares im Stil englischer Landsitze der Tudorzeit und orientiert sich an Schloß Gelbensande bei Rostock, in dem die Eltern Cecilies, das Großherzogspaar von Mecklenburg-Schwerin, die Sommermonate verbracht hatten. 176 Räume gruppieren sich um fünf Höfe, das Zentrum bildet die über zwei Geschosse reichende Wohnhalle mit einer Empore für die Musiker und einer neobarocken Danziger Treppe, die zu dem privaten Appartement des Thronfolgerpaares führt. Im Gegensatz zu vielen traditionellen Residenzschlössern sind die Festräume von den Privaträumen deutlich getrennt und über verschiedene Eingänge erreichbar.
In der Folge der repräsentativen Speise- und Festsäle sollte auch das glanzvolle Kronprinzensilber den Banketten des Kronprinzen- und künftigen Kaiserpaares entsprechenden Glanz verleihen. Der Komfort des frühen 20. Jahrhunderts kam auch sonst überall zum Einsatz: Großzügig ausgestattete Badezimmer wurden ebenso eingebaut wie eine Zentralheizung, es gab in den privaten Wohnräumen durchgehend verlegten Teppichflor.
Bedingt durch den Ersten Weltkrieg verzögerte sich die Fertigstellung des Schlosses um zwei Jahre. Kronprinzessin Cecilie bezog den Bau gemeinsam mit ihren Kindern im Sommer 1917, im Oktober waren die Arbeiten dann offiziell abgeschlossen. Kaiserin Auguste Victoria zeigte sich übrigens von dem weitläufigen Bau wenig überzeugt, die kleinen Fenster in vielen Räumen gefielen ihr gar nicht und erinnerten sie eher an ein Gefängnis denn eine fürstliche Residenz.
Gut ein Jahr später war dann durch die Revolution und die Entmachtung aller deutschen Bundesfürsten nichts mehr, wie es gewesen war, Schloß Cecilienhof verblieb dem einstigen Kronprinzen Wilhelm und seiner Familie jedoch als Wohnsitz.
Der neue Staat übernahm zwar die Immobilie, gewährte dem Kronprinzenpaar allerdings ein umfangreiches Nutzungsrecht. 1945 verließ die Familie das Schloß vor der herannahenden Roten Armee. Wieder begann eine neue Epoche: Das Schloß Cecilienhof erlangte durch die Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 welthistorische Bedeutung.
Literatur
Jörg Kirschstein: KaiserKinder. Die Familie Wilhelms II. in Fotografien. Göttingen: MatrixMedia-Verlag, 2011 [u. ö.].
Weblinks
Kronschatz und Silberkammer im Schloss Charlottenburg, Berlin
Schloss Cecilienhof, Potsdam
Text
Thomas Weiberg
Fürstliche Repräsentation um 1910: Silber für das Kronprinzenpaar – und eine neue Residenz
Die Hoftafel- und Silberkammer im Schloß Charlottenburg präsentiert neben zahlreichen Porzellanen, Tafelaufsätzen, Gläsern und Pretiosen mit dem Kronprinzensilber eine glanzvolle Besonderheit aus der Spätzeit der Monarchie. Nach der Verlobung von Kronprinz Wilhelm (1882-1951) mit Herzogin Cecilie zu Mecklenburg(-Schwerin; 1886-1954) im September 1904 gab der preußische Städtetag, dieInteressenvertretung der preußischen Städte, ein kostbares Hochzeitsgeschenk in Auftrag – ein umfangreiches silbernes Tafelservice, gedacht zur Repräsentation am Hof des künftigen deutschen Kaiserpaares.
Das Kronprinzensilber umfaßt 50 Gedecke und insgesamt 2694 Teile, neben Tellern Bestecksätze für diverse Speisen und Zwecke, Terrinen, Platten und Schüsseln, mehrere große Tafelaufsätze, umfangreichen Tafelschmuck, Gerätschaften, Kerzenleuchter und vieles mehr.
Bedeutende Künstler am Werk
Die 414 Städte, in deren Namen dieses letzte Prunkservice für das preußische Herrscherhaus überreicht wurde, sind auf zwei von Elefanten getragenen hohen Obelisken zu lesen. Diese Elefanten, entworfen von August Gaul, einem bekannten Tierbildhauer, waren als Abschluß der Tafel zu beiden Seiten gedacht und zeugen vom Selbstbewußtsein des preußischen Städtetages. Viele der figürlichen Tafelaufsätze entwarf der Bildhauer Ignatius Taschner; doch auch Künstler wie Hugo Lederer, Fritz Klimsch und Ernst Wenck sowie Constantin Starck und August Vogel waren beteiligt. Somit gehört das Kronprinzensilber mit seinen neoklassizistischen Formen und Elementen des Jugendstils zu den bedeutenden künstlerischen Zeugnissen des Kunsthandwerks und der Bildhauerei in Deutschland kurz vor dem Ersten Weltkrieg.
Im Jahr 1914 war das gesamte Prunkservice schließlich vollendet. Doch die kronprinzliche Tafel schmückte es nie – der Erste Weltkrieg und das Ende der Monarchie im November 1918 verhinderten das. 1928 erwarb der Magistrat von Berlin das Kronprinzensilber und präsentierte es ab 1932 den Museumsbesuchern im Berliner Schloss auf einer festlich gedeckten Tafel. Seit 1995 wird das Silber als Leihgabe des Landes Berlin nun im Schloss Charlottenburg gezeigt und vermittelt einen anschaulichen Eindruck höfischer Tafelkultur zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Zeitgemäßes Wohnen
Das junge Ehepaar bewohnte, der preußischen Tradition folgend, zwei Residenzen – im Winter das um die Mitte des 19. Jahrhunderts nochmals durchgreifend umgestaltete Kronprinzenpalais Unter den Linden, im Sommer das am Heiligen See im Potsdamer Neuen Garten gelegene Marmorpalais aus dem späten 18. Jahrhundert. Da beide Häuser nicht mehr den gewandelten Vorstellungen von komfortablem fürstlichem Wohnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprachen, hatten Kronprinzen Wilhelm und Kronprinzessin Cecilie bereits nach wenigen Ehejahren den Wunsch nach einer zeitgemäßen ganzjährig bewohnbaren Residenz für sich selbst und die künftigen Kronprinzenpaare geäußert. Kaiser Wilhelm II. stimmte schließlich zu und ordnete an, ab 1912 jährliche Mittel zum Bau eines neuen Schlosses einzustellen. Der mit den modernen Störungen der Architektur bestens vertraute Paul Schultze-Naumburg, auf den das Kronprinzenpaar eventuell durch den Umbau des Gutshauses im nahegelegenen Neukladow aufmerksam geworden war, wurde mit den Planungen beauftragt. Die Bausumme sollte knapp eineinhalb Millionen Mark betragen. Für den Herbst 1915 war die Fertigstellung vorgesehen; im Mai 1913 legte Kronprinz Wilhelm den Grundstein zu Schloss Ceciliehof.
Das neue Schloß entstand auf Wunsch des Kronprinzenpaares im Stil englischer Landsitze der Tudorzeit und orientiert sich an Schloß Gelbensande bei Rostock, in dem die Eltern Cecilies, das Großherzogspaar von Mecklenburg-Schwerin, die Sommermonate verbracht hatten. 176 Räume gruppieren sich um fünf Höfe, das Zentrum bildet die über zwei Geschosse reichende Wohnhalle mit einer Empore für die Musiker und einer neobarocken Danziger Treppe, die zu dem privaten Appartement des Thronfolgerpaares führt. Im Gegensatz zu vielen traditionellen Residenzschlössern sind die Festräume von den Privaträumen deutlich getrennt und über verschiedene Eingänge erreichbar.
In der Folge der repräsentativen Speise- und Festsäle sollte auch das glanzvolle Kronprinzensilber den Banketten des Kronprinzen- und künftigen Kaiserpaares entsprechenden Glanz verleihen. Der Komfort des frühen 20. Jahrhunderts kam auch sonst überall zum Einsatz: Großzügig ausgestattete Badezimmer wurden ebenso eingebaut wie eine Zentralheizung, es gab in den privaten Wohnräumen durchgehend verlegten Teppichflor.
Bedingt durch den Ersten Weltkrieg verzögerte sich die Fertigstellung des Schlosses um zwei Jahre. Kronprinzessin Cecilie bezog den Bau gemeinsam mit ihren Kindern im Sommer 1917, im Oktober waren die Arbeiten dann offiziell abgeschlossen. Kaiserin Auguste Victoria zeigte sich übrigens von dem weitläufigen Bau wenig überzeugt, die kleinen Fenster in vielen Räumen gefielen ihr gar nicht und erinnerten sie eher an ein Gefängnis denn eine fürstliche Residenz.
Gut ein Jahr später war dann durch die Revolution und die Entmachtung aller deutschen Bundesfürsten nichts mehr, wie es gewesen war, Schloß Cecilienhof verblieb dem einstigen Kronprinzen Wilhelm und seiner Familie jedoch als Wohnsitz.
Der neue Staat übernahm zwar die Immobilie, gewährte dem Kronprinzenpaar allerdings ein umfangreiches Nutzungsrecht. 1945 verließ die Familie das Schloß vor der herannahenden Roten Armee. Wieder begann eine neue Epoche: Das Schloß Cecilienhof erlangte durch die Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 welthistorische Bedeutung.
Literatur
Jörg Kirschstein: KaiserKinder. Die Familie Wilhelms II. in Fotografien. Göttingen: MatrixMedia-Verlag, 2011 [u. ö.].
Weblinks
Kronschatz und Silberkammer im Schloss Charlottenburg, Berlin
Schloss Cecilienhof, Potsdam
Text
Thomas Weiberg