Ein mörderischer Kuchen wird im ehemaligen Marstall von Schloss Dennenlohe zubereitet, und zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, ob man jemals den Mörder dingfest machen kann. Denn den muss das Publikum finden, wenn es sich am 3. November bei einem Krimidinner an den Ermittlungen beteiligt. In Dennenlohe könnte man natürlich sehr schnell auf die uralte Vermutung kommen, dass wieder einmal der Gärtner der Mörder ist, denn kaum etwas liegt in diesem Ortsteil des fränkischen Unterschwaningen näher als das Thema Garten.
Schloss Dennenlohe, eines der schönsten Barockensembles im süddeutschen Raum, ist nicht ohne Garten bzw. Schlosspark zu denken, ja, er ist die eigentliche Attraktion. Auf derzeit 26 Hektar entstand seit 1978 zwischen Seen, Wäldern und Wiesen Zug um Zug eine Anlage, die den Besucher in Bann zieht. Sie besteht aus dem nur zeitweise geöffneten Privatgarten, dem Rhododendronpark, der aufgrund seines Pflanzenreichtums als Botanischer Garten anerkannt ist, und dem ausgedehnten Landschaftspark, der immer weiter und weiter zu wachsen scheint. Der Initiator und Gestalter dieses Gartenreichs, Robert Freiherr von Süsskind, schleppt die Steine, gräbt um und pflanzt. Sogar eine Gärtnerlehre hat er dafür absolviert. Seine Mühe und Leidenschaft werden belohnt.
Paradiesgarten mit Schloss
Wandert man durch die verschiedenen Park- und Gartenteile, beschleicht einen das Gefühl, dass der „grüne“ Baron wie Freiherr von Süsskind gern genannt wird, hier im fränkischen Unterland nichts Geringeres anstrebt, als die ganze Welt abzubilden und zwar in ihrer paradiesischen Gestalt. Im Privatgarten wird an das antike Griechenland und das alte persische Reich erinnert, Letzteres stand am Anfang aller Gartengestaltung. Im Rhododendronpark fühlt sich der Besucher nach England versetzt, wenn er durch Rhododendronwälder wandert, und nach Japan, wenn er vor einem fernöstlichen Bachlauf oder der Roten Brücke steht. Und auch Claude Monets Garten im französischen Giverny hat seine Spuren hinterlassen, hat der Baron doch die mit Glyzinien berankte grüne Brücke im beliebten Dichtergarten nachempfunden. Im Schlossweiher, der ein Meer aus Seerosen beherbergt, stehen Sumpfzypressen aus Florida. Wabern leichte Nebelschwaden über dem Wasser, würde es einen nicht verwundern, wenn zwischen ihnen plötzlich ein ganz und gar außerirdisches Wesen aus dem See auftauchen würde.
Schlosspark mit internationalem Flair
Auch im Landschaftspark wird die Welt im Kleinen abgebildet. Dabei wird dem Auge und auch dem Gehör immer wieder Überraschendes geboten. Gleich nach dem Eingang lädt das barocke Heckenlabyrinth ein, das von der Baronin eigenhändig jedes Jahr gestutzt wird, so dass man von dort aus viele der markanten Aussichtspunkte im Park erkennen kann. Da wären etwa der mit Rosen bepflanzte Plattnersberg mit den markanten Steinmännchen und der Camera obscura oder der Olympiahain mit zwei Säulenreihen, verschiedene harmonisch in die Landschaft integrierte Kunstwerke oder der Tempelberg mit seinem Tempel aus Bhutan. Folgt man der Nummerierung in umgekehrter Richtung, wandert man zunächst durch eine weite Hügellandschaft. Offen auf einer Wiese grasende Pferde, amerikanische Prärie und irische Heide, etwas später ein mexikanischer Kakteenhang und europäische Moorlandschaft empfangen die Spaziergänger.
Kakteenhang im Landschaftspark, (c) Foto Andrea Hahn Text | Presse
Kaum jemand dürfte den Weg hoch zum Bhutantempel auslassen, der eine geradezu magische Anziehungskraft besitzt. Seit 2014 steht er auf dem Hügel. Gefertigt wurde er direkt in dem kleinen Himalayakönigreich, das seine wirtschaftlichen Unternehmungen dem Umweltschutz unterordnet und diesen in der Verfassung festgeschrieben hat. Oben am Tempel angelangt, wird man nicht nur in das ferne Land entführt, sondern darf sich auch im dezent einladenden Liegestuhl ausruhen, während der Blick über das Gelände schweift.
Mitten im Inselreich
Auch im Weiteren begegnet immer wieder der Ferne Osten. Auf keinen Fall sollte man den Weg über die kleinen Inseln verpassen, die das Ufer des Schlossteichs säumen. Besonders beeindruckend ist die Bambusinsel, auf der das schnellwachsende Süßgras einen dichten Wald bildet, der einen zu verschlucken scheint, ohne bedrohlich zu wirken. Mittendrin lädt eine Buddhafigur im Lotussitz zum Verweilen und Meditieren ein. Überhaupt ist auch in diesem Abschnitt immer wieder für Ruheplätze gesorgt. Ob Sitzsäcke am Weiher, eine alte Schaukel auf einer Brücke oder Holzbänke – die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß. Ähnlich verhält es sich bei den Brücken: Kettenbrücke, Gongbrücke, Trittsteine mit Ying- und Yang-Symbol, Pontonbrücke etwa lassen das Inselhopping zum abwechslungsreichen Vergnügen werden. Begleitet wird man dabei von vielfältigen Geräuschen, dem durchdringend tiefen Ton des Gongs, dem Klirren der Ketten, dem Rauschen der Blätter und, nicht zu vergessen, dem Vogelgezwitscher und Platschen der Wassertiere.
Essbares mit Tradition
Auch Nutzpflanzen dürfen im Park von Schloss Dennenlohe Wurzeln schlagen. So wurden erst 2017 von der Allianz Umweltstiftung 120 Birnbäume gespendet, die in Zukunft alljährlich mit einem Birnenevent gefeiert werden. Der historische Kräutergarten im Gutshof bietet der Küche des Marstallrestaurants jede Menge interessante Gewürze, und bei den Führungen kann man das eigene Wissen über Wildkräuter erheblich erweitern. Für das nächste Jahr ist geplant, das Areal zwischen den alten Apfelbäumen und Kastanien in einen Gemüsegarten umzuwandeln, in dem die Kräuter dann ein Bestandteil von vielen köstlich frischen Zutaten sein werden.
Nutzpflanzen haben Tradition in Dennenlohe. Die erste urkundliche Erwähnung des Anwesens fällt in das Jahr 1167, und mit großer Wahrscheinlichkeit gab es schon damals Kräuter- und Obstgarten. Das Schloss in der heutigen Form wurde allerdings erst zwischen 1734 und 1750 erbaut. Der damalige Besitzer Paul Martin Eichler von Auritz beauftragte damit den Hofbaumeister des Ansbacher Markgrafen, Leopold Retti, der unter anderem den Weiterbau des Ansbacher Schlosses und von Schloss und Stadt Ludwigsburg übertragen bekam sowie die Planungen für das Neue Schloss in Stuttgart. Kaum erbaut, kam 1742 die Ansbacher Markgräfin Friederike Louise zu Besuch ins Schloss Dennenlohe und spendete aus ihrem eigenen Unterschwaninger Gut „200 Spargelpflanzen, acht Apfel- und 13 Birnbäume“.
Sie war offenbar fürs Bodenständige, aber es gab auch exotische Genüsse auf dem Schlossareal. Das letzte errichtete Gebäude war 1750 die Orangerie, in der – ganz dem Geschmack der Zeit gemäß – nicht frostbeständige Gewächse aus südlichen Ländern überwintert wurden. Was zumindest zweitweise darin stand, erschließt sich aus einer Liste, die 1773 bei der Veräußerung des Besitzes an Johann Graf von Fries aus Wien erstellt wurde.
„24 Stuck Orange Bäum in eichenen Kübeln … mit vielen Früchten … 30 Rosmarin Stöcke … 70 Scherben Nelken … 5 Stuck Indianische Feigen … 4 Feigen Bäumlein … 2 Granaten Bäumlein in Scherben … etc.“
1802 erwarb Carl Theodor Graf zu Pappenheim Schloss Dennenlohe samt Grundbesitz für seine von ihm getrenntlebende Frau Lucie, Tochter des mächtigen preußischen Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg. Fünfzehn Jahre verbrachte sie hier, bis sie sich 1817 scheiden ließ, Herrmann Fürst Pückler heiratete und auf Schloss Muskau Einzug hielt. Lange wurde der Fürst als alleiniger Schöpfer des berühmten Muskauer Parks gesehen, heute weiß man, dass Lucie genauso viel Anteil daran hatte, und man kann davon ausgehen, dass sie viele ihrer Kenntnisse aus Dennenlohe in die Region Lausitz mitgebracht hat. Um ihren Anteil am Pücklerschen Werk zu würdigen, vergibt Dennenlohe seit diesem Jahr den Lucie Pückler Preis an deutschsprachige europäische Landschaftsarchitektinnen und Studentinnen der Landschaftsarchitektur.
Stabilität und ein grüner Daumen
Nach Lucies Auszug war das Schloss fürs Erste verwaist, 1825 schließlich erwarb es Johann Gottlieb Freiherr von Süsskind, der als Bankier in Augsburg zum reichsten Mann Schwabens aufgestiegen war. Seitdem ist Ruhe in die Dennenloher Besitzverhältnisse eingekehrt. Mit Robert von Süsskind hat nun schon die achte Generation das Schloss übernommen. Er und auch seine Ehefrau Sabine, genannt Fanny, haben sich ganz und gar dem Gartenreich verschrieben. Während der grüne Baron die Erde umgräbt, aufschichtet und zu vielseitigem Leben erweckt, widmet sich die Baronin der Vermarktung des Anwesens. Ihr ist es zu verdanken, dass 2013 hier die erste internationale Gartenbuchbibliothek Deutschlands eingerichtet wurde. Zu finden sind darin die eingereichten und nominierten Bücher des Deutschen und des Europäischen Gartenbuchpreises – zwei Preise, die von Robert und Sabine von Süsskind initiiert wurden.
Schlossköstlichkeiten
Ein Tag reicht eigentlich nicht aus, um Dennenlohe zu erkunden. Da wären auch noch das Oldtimer-Museum im Gutshof, ein Blumen- und Geschenkeladen im ehemaligen Schweinestall, eine Galerie in der historischen Reitbahn und die Europäische Gardenphoto Award Ausstellung in der Schnapsbrennerei. Auf keinen Fall sollte man sich den Schlossgenuss in der Orangerie oder im ehemaligen Marstall entgehen lassen. Bei schönem Wetter locken die Kastanien oder die Pergola im Gutshof zu langem Verweilen, bei kühlen Temperaturen der frühere Pferdestall mit seinen großen Fenstern und der gemütlichen Holzbalkendecke. Selbstgebackene Kuchen, frisch zubereitete Speisen und Säfte aus regionaler Produktion rufen laut „Zu Tisch!“, bevor der Tag ausklingt, Teil 2 der Parkerkundung ansteht oder aber der Mörder gesucht wird.
Öffnungszeiten des Schlossparks
Werktags 9 – 17 Uhr
Wochenende, Feiertage 10 – 17 Uhr
Der Schlosspark ist vom 1. April bis zum 1. November geöffnet. Führungen oder Privatbesichtigungen sind nach vorheriger Reservierung auch ganzjährig möglich. Das Schloss wird privat bewohnt und ist nicht zu besichtigen.
Website
www.dennenlohe.de
Literatur
Barbara Berger [u. a.]: Geschichte der Gemeinde Unterschwaningen, Dennenlohe, Kröttenbach, Oberschwaningen, Unterschwaningen. Gunzenhausen: Schrenk, 2009.
Eugen Schöler [u. a.]: Wie Schloss Dennenlohe entstand oder: Was alte Rechnungen erzählen können. Dennenlohe 2001.
Süsskind, Robert Freiherr von: Schloss Dennenlohe. „Das waren geschlossene Güter, die sich von selbst ernähren konnten, man hat sie kunterbunt hin und her getauscht.“ [o. O.] 2016.
Süsskind, Sabine Freifrau von: Schloss Dennenlohe. Rhododendron- und Landschaftspark. Unterschwaningen: Freiherrlich Süsskindsche Schloss- und Gartenverwaltung, [2006].
Dies.: Qualitätskriterien für Gartenanlagen als touristische Destination: Aufgezeigt am Beispiel des Schloss- und Landschaftsparks Dennenlohe und des Bayerischen Gartennetzwerks. Saarbrücken: AV Akademikerverlag, 2015.
Walderdorff, Dorothee von: Weltreise durch ein Blütenmeer. In Dennenlohe wachsen englische Rosen, japanische Azaleen und chinesische Sträucher … [o. O.] 2014.
Text
Andrea Hahn Text | Presse
Paradiesgarten mit Birnengenuss – Schloss und Schlosspark Dennenlohe
Ein mörderischer Kuchen wird im ehemaligen Marstall von Schloss Dennenlohe zubereitet, und zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, ob man jemals den Mörder dingfest machen kann. Denn den muss das Publikum finden, wenn es sich am 3. November bei einem Krimidinner an den Ermittlungen beteiligt. In Dennenlohe könnte man natürlich sehr schnell auf die uralte Vermutung kommen, dass wieder einmal der Gärtner der Mörder ist, denn kaum etwas liegt in diesem Ortsteil des fränkischen Unterschwaningen näher als das Thema Garten.
Schloss Dennenlohe, eines der schönsten Barockensembles im süddeutschen Raum, ist nicht ohne Garten bzw. Schlosspark zu denken, ja, er ist die eigentliche Attraktion. Auf derzeit 26 Hektar entstand seit 1978 zwischen Seen, Wäldern und Wiesen Zug um Zug eine Anlage, die den Besucher in Bann zieht. Sie besteht aus dem nur zeitweise geöffneten Privatgarten, dem Rhododendronpark, der aufgrund seines Pflanzenreichtums als Botanischer Garten anerkannt ist, und dem ausgedehnten Landschaftspark, der immer weiter und weiter zu wachsen scheint. Der Initiator und Gestalter dieses Gartenreichs, Robert Freiherr von Süsskind, schleppt die Steine, gräbt um und pflanzt. Sogar eine Gärtnerlehre hat er dafür absolviert. Seine Mühe und Leidenschaft werden belohnt.
Paradiesgarten mit Schloss
Wandert man durch die verschiedenen Park- und Gartenteile, beschleicht einen das Gefühl, dass der „grüne“ Baron wie Freiherr von Süsskind gern genannt wird, hier im fränkischen Unterland nichts Geringeres anstrebt, als die ganze Welt abzubilden und zwar in ihrer paradiesischen Gestalt. Im Privatgarten wird an das antike Griechenland und das alte persische Reich erinnert, Letzteres stand am Anfang aller Gartengestaltung. Im Rhododendronpark fühlt sich der Besucher nach England versetzt, wenn er durch Rhododendronwälder wandert, und nach Japan, wenn er vor einem fernöstlichen Bachlauf oder der Roten Brücke steht. Und auch Claude Monets Garten im französischen Giverny hat seine Spuren hinterlassen, hat der Baron doch die mit Glyzinien berankte grüne Brücke im beliebten Dichtergarten nachempfunden. Im Schlossweiher, der ein Meer aus Seerosen beherbergt, stehen Sumpfzypressen aus Florida. Wabern leichte Nebelschwaden über dem Wasser, würde es einen nicht verwundern, wenn zwischen ihnen plötzlich ein ganz und gar außerirdisches Wesen aus dem See auftauchen würde.
Schlosspark mit internationalem Flair
Auch im Landschaftspark wird die Welt im Kleinen abgebildet. Dabei wird dem Auge und auch dem Gehör immer wieder Überraschendes geboten. Gleich nach dem Eingang lädt das barocke Heckenlabyrinth ein, das von der Baronin eigenhändig jedes Jahr gestutzt wird, so dass man von dort aus viele der markanten Aussichtspunkte im Park erkennen kann. Da wären etwa der mit Rosen bepflanzte Plattnersberg mit den markanten Steinmännchen und der Camera obscura oder der Olympiahain mit zwei Säulenreihen, verschiedene harmonisch in die Landschaft integrierte Kunstwerke oder der Tempelberg mit seinem Tempel aus Bhutan. Folgt man der Nummerierung in umgekehrter Richtung, wandert man zunächst durch eine weite Hügellandschaft. Offen auf einer Wiese grasende Pferde, amerikanische Prärie und irische Heide, etwas später ein mexikanischer Kakteenhang und europäische Moorlandschaft empfangen die Spaziergänger.
Kakteenhang im Landschaftspark, (c) Foto Andrea Hahn Text | Presse
Kaum jemand dürfte den Weg hoch zum Bhutantempel auslassen, der eine geradezu magische Anziehungskraft besitzt. Seit 2014 steht er auf dem Hügel. Gefertigt wurde er direkt in dem kleinen Himalayakönigreich, das seine wirtschaftlichen Unternehmungen dem Umweltschutz unterordnet und diesen in der Verfassung festgeschrieben hat. Oben am Tempel angelangt, wird man nicht nur in das ferne Land entführt, sondern darf sich auch im dezent einladenden Liegestuhl ausruhen, während der Blick über das Gelände schweift.
Mitten im Inselreich
Auch im Weiteren begegnet immer wieder der Ferne Osten. Auf keinen Fall sollte man den Weg über die kleinen Inseln verpassen, die das Ufer des Schlossteichs säumen. Besonders beeindruckend ist die Bambusinsel, auf der das schnellwachsende Süßgras einen dichten Wald bildet, der einen zu verschlucken scheint, ohne bedrohlich zu wirken. Mittendrin lädt eine Buddhafigur im Lotussitz zum Verweilen und Meditieren ein. Überhaupt ist auch in diesem Abschnitt immer wieder für Ruheplätze gesorgt. Ob Sitzsäcke am Weiher, eine alte Schaukel auf einer Brücke oder Holzbänke – die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß. Ähnlich verhält es sich bei den Brücken: Kettenbrücke, Gongbrücke, Trittsteine mit Ying- und Yang-Symbol, Pontonbrücke etwa lassen das Inselhopping zum abwechslungsreichen Vergnügen werden. Begleitet wird man dabei von vielfältigen Geräuschen, dem durchdringend tiefen Ton des Gongs, dem Klirren der Ketten, dem Rauschen der Blätter und, nicht zu vergessen, dem Vogelgezwitscher und Platschen der Wassertiere.
Essbares mit Tradition
Auch Nutzpflanzen dürfen im Park von Schloss Dennenlohe Wurzeln schlagen. So wurden erst 2017 von der Allianz Umweltstiftung 120 Birnbäume gespendet, die in Zukunft alljährlich mit einem Birnenevent gefeiert werden. Der historische Kräutergarten im Gutshof bietet der Küche des Marstallrestaurants jede Menge interessante Gewürze, und bei den Führungen kann man das eigene Wissen über Wildkräuter erheblich erweitern. Für das nächste Jahr ist geplant, das Areal zwischen den alten Apfelbäumen und Kastanien in einen Gemüsegarten umzuwandeln, in dem die Kräuter dann ein Bestandteil von vielen köstlich frischen Zutaten sein werden.
Nutzpflanzen haben Tradition in Dennenlohe. Die erste urkundliche Erwähnung des Anwesens fällt in das Jahr 1167, und mit großer Wahrscheinlichkeit gab es schon damals Kräuter- und Obstgarten. Das Schloss in der heutigen Form wurde allerdings erst zwischen 1734 und 1750 erbaut. Der damalige Besitzer Paul Martin Eichler von Auritz beauftragte damit den Hofbaumeister des Ansbacher Markgrafen, Leopold Retti, der unter anderem den Weiterbau des Ansbacher Schlosses und von Schloss und Stadt Ludwigsburg übertragen bekam sowie die Planungen für das Neue Schloss in Stuttgart. Kaum erbaut, kam 1742 die Ansbacher Markgräfin Friederike Louise zu Besuch ins Schloss Dennenlohe und spendete aus ihrem eigenen Unterschwaninger Gut „200 Spargelpflanzen, acht Apfel- und 13 Birnbäume“.
Sie war offenbar fürs Bodenständige, aber es gab auch exotische Genüsse auf dem Schlossareal. Das letzte errichtete Gebäude war 1750 die Orangerie, in der – ganz dem Geschmack der Zeit gemäß – nicht frostbeständige Gewächse aus südlichen Ländern überwintert wurden. Was zumindest zweitweise darin stand, erschließt sich aus einer Liste, die 1773 bei der Veräußerung des Besitzes an Johann Graf von Fries aus Wien erstellt wurde.
„24 Stuck Orange Bäum in eichenen Kübeln … mit vielen Früchten … 30 Rosmarin Stöcke … 70 Scherben Nelken … 5 Stuck Indianische Feigen … 4 Feigen Bäumlein … 2 Granaten Bäumlein in Scherben … etc.“
1802 erwarb Carl Theodor Graf zu Pappenheim Schloss Dennenlohe samt Grundbesitz für seine von ihm getrenntlebende Frau Lucie, Tochter des mächtigen preußischen Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg. Fünfzehn Jahre verbrachte sie hier, bis sie sich 1817 scheiden ließ, Herrmann Fürst Pückler heiratete und auf Schloss Muskau Einzug hielt. Lange wurde der Fürst als alleiniger Schöpfer des berühmten Muskauer Parks gesehen, heute weiß man, dass Lucie genauso viel Anteil daran hatte, und man kann davon ausgehen, dass sie viele ihrer Kenntnisse aus Dennenlohe in die Region Lausitz mitgebracht hat. Um ihren Anteil am Pücklerschen Werk zu würdigen, vergibt Dennenlohe seit diesem Jahr den Lucie Pückler Preis an deutschsprachige europäische Landschaftsarchitektinnen und Studentinnen der Landschaftsarchitektur.
Stabilität und ein grüner Daumen
Nach Lucies Auszug war das Schloss fürs Erste verwaist, 1825 schließlich erwarb es Johann Gottlieb Freiherr von Süsskind, der als Bankier in Augsburg zum reichsten Mann Schwabens aufgestiegen war. Seitdem ist Ruhe in die Dennenloher Besitzverhältnisse eingekehrt. Mit Robert von Süsskind hat nun schon die achte Generation das Schloss übernommen. Er und auch seine Ehefrau Sabine, genannt Fanny, haben sich ganz und gar dem Gartenreich verschrieben. Während der grüne Baron die Erde umgräbt, aufschichtet und zu vielseitigem Leben erweckt, widmet sich die Baronin der Vermarktung des Anwesens. Ihr ist es zu verdanken, dass 2013 hier die erste internationale Gartenbuchbibliothek Deutschlands eingerichtet wurde. Zu finden sind darin die eingereichten und nominierten Bücher des Deutschen und des Europäischen Gartenbuchpreises – zwei Preise, die von Robert und Sabine von Süsskind initiiert wurden.
Schlossköstlichkeiten
Ein Tag reicht eigentlich nicht aus, um Dennenlohe zu erkunden. Da wären auch noch das Oldtimer-Museum im Gutshof, ein Blumen- und Geschenkeladen im ehemaligen Schweinestall, eine Galerie in der historischen Reitbahn und die Europäische Gardenphoto Award Ausstellung in der Schnapsbrennerei. Auf keinen Fall sollte man sich den Schlossgenuss in der Orangerie oder im ehemaligen Marstall entgehen lassen. Bei schönem Wetter locken die Kastanien oder die Pergola im Gutshof zu langem Verweilen, bei kühlen Temperaturen der frühere Pferdestall mit seinen großen Fenstern und der gemütlichen Holzbalkendecke. Selbstgebackene Kuchen, frisch zubereitete Speisen und Säfte aus regionaler Produktion rufen laut „Zu Tisch!“, bevor der Tag ausklingt, Teil 2 der Parkerkundung ansteht oder aber der Mörder gesucht wird.
Öffnungszeiten des Schlossparks
Werktags 9 – 17 Uhr
Wochenende, Feiertage 10 – 17 Uhr
Der Schlosspark ist vom 1. April bis zum 1. November geöffnet. Führungen oder Privatbesichtigungen sind nach vorheriger Reservierung auch ganzjährig möglich. Das Schloss wird privat bewohnt und ist nicht zu besichtigen.
Website
www.dennenlohe.de
Literatur
Barbara Berger [u. a.]: Geschichte der Gemeinde Unterschwaningen, Dennenlohe, Kröttenbach, Oberschwaningen, Unterschwaningen. Gunzenhausen: Schrenk, 2009.
Eugen Schöler [u. a.]: Wie Schloss Dennenlohe entstand oder: Was alte Rechnungen erzählen können. Dennenlohe 2001.
Süsskind, Robert Freiherr von: Schloss Dennenlohe. „Das waren geschlossene Güter, die sich von selbst ernähren konnten, man hat sie kunterbunt hin und her getauscht.“ [o. O.] 2016.
Süsskind, Sabine Freifrau von: Schloss Dennenlohe. Rhododendron- und Landschaftspark. Unterschwaningen: Freiherrlich Süsskindsche Schloss- und Gartenverwaltung, [2006].
Dies.: Qualitätskriterien für Gartenanlagen als touristische Destination: Aufgezeigt am Beispiel des Schloss- und Landschaftsparks Dennenlohe und des Bayerischen Gartennetzwerks. Saarbrücken: AV Akademikerverlag, 2015.
Walderdorff, Dorothee von: Weltreise durch ein Blütenmeer. In Dennenlohe wachsen englische Rosen, japanische Azaleen und chinesische Sträucher … [o. O.] 2014.
Text
Andrea Hahn Text | Presse