Das Weihnachtsfest und die Adventszeit waren auch für den Adel – ganz gleich, ob es sich um regierende Fürsten, Militärs oder Gutsbesitzer handelte, stets etwas Besonderes.
Weihnachtsplätzchen – in der Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges oftmals ›Brötchen‹ genannt –, Stollen und andere Näschereien gehörten auf Schlössern und Gütern ebenso selbstverständlich zu den Festtagen dazu wie in den bürgerlichen Familien. Rezeptsammlungen fürstlicher Hofköche oder -bäcker beispielsweise bieten in diesem Zusammenhang eine interessante aufschlußreiche Lektüre.
1913 gab der „Fürstliche Mundkoch“ Heinrich Höntsch eine Sammlung von 1450 „nur praktisch erprobten Rezepten“ heraus, etliche von ihnen erzählen den aufmerksamen Leserinnen und Lesern so ganz nebenbei von familiären Beziehungen, fürstlichen Reisen, politischen Begebenheiten und von Mitgliedern der Familie. Heinrich Höntsch kochte für Fürst Heinrich XXVII. Reuß jüngerer Linie und Fürstin Elise, die hauptsächlich auf Schloß Osterstein in Gera residierten. Fürstin Elise war eine Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg und Cousine der Kaiserin Auguste Victoria. Das folgende Gebäck hatte Fürstin Elise vielleicht bei einem Besuch der Großherzogin von Oldenburg kennengelernt – und ihrem Koch Heinrich Höntsch das Rezept mitgebracht.
Güldensteiner Schnitten
Kennen Sie Schloß Güldenstein bei Lensahn in Schleswig-Holstein? Das barocke Schloß gehörte mitsamt der Gutswirtschaft seit der Mitte des 19. Jahrhunderts den Großherzögen von Oldenburg und wird auch heute noch von der herzoglichen Familie bewohnt. Zur Zeit des letzten regierenden Großherzogspaares Friedrich August und Elisabeth hielt sich der oldenburgische Hof während des Frühjahrs und Herbstes immer wieder für kürzere Zeit auf Schloß Güldenstein auf, während die eigentliche Sommerresidenz in den holsteinischen Landesteilen des Großherzogtums das nahegelegene Eutin war. Verwandtschaftliche und freundschaftliche Kontakte verbanden Großherzogin Elisabeth mit der in Gera regierenden Familie der Fürsten Reuß jüngerer Linie.
Zutaten
300 g Mehl
200 g Butter
100 g Zucker
1 Prise Salz
4 Eigelb
Füllung: Himbeermarmelade
Glasur: Orangenglasur (Puderzucker, etwas Orangensaft, rote Lebensmittelfarbe)
mde
Zubereitung
Aus den Zutaten wird schnell ein glatter Mürbeteig geknetet, der anschließend an einem kühlen Ort ruhen soll. Der Teig wird nicht zu dünn ausgerollt und in lange Streifen von etwa drei Fingern Breite geschnitten. Auf dem Backblech werden diese Streifen mit der Gabel regelmäßig eingestochen und zu heller gelber Farbe gebacken (175 °C, etwa 12 Minuten). Danach werden die Streifen mit Himbeermarmelade zusammengesetzt und mit Orangenglasur überzogen. Nach dem Trocken werden sie mit einem scharfen Messer behutsam in kleine Schnitten geschnitten.
Hildatörtchen
Herzog Adolph von Nassau sei nach der Annexion seines Landes Preußen gegenüber so feindlich eingestellt, daß er kaum gewillt sein würde, seine Tochter, Prinzessin Hilda, mit dem zukünftigen deutschen Kaiser (Wilhelm II.) zu verheiraten, stellte die preußische Kronprinzessin Victoria in einer 1879 entstandenen Auflistung der heiratsfähigen deutschen Prinzessinnen fest. Sie hatte recht, Prinzessin Hilda (1864-1952) von Nassau heiratete 1885 den badischen Thronfolger Friedrich. Von 1907 bis zur Revolution im November 1918 war Hilda dann die letzte badische Großherzogin.
Hildatörtchen oder -Brötchen erfreuten sich großer Beliebtheit und fanden in diverse Koch- und Backbücher Eingang. Heinrich Höhnisch nennt in seiner Rezeptsammlung eine Variante, bei der die Hildatörtchen zweifarbig, mit dunkler Schokoladen- und heller Rumglasur überzogen werden und je nach Wunsch entweder mit Buttercrème oder mit Marmelade gefüllt werden können.
1. Variante: nach Heinrich Höntsch
200 g Mehl
170 g Butter
100 g geriebene blanchierte Mandeln
100 g Zucker
1 Prise Salz
Füllung: Buttercrème oder Marmelade
Glasur: Puderzucker, Kakao, Rum
Schnell aus den Zutaten einen Mürbeteig kneten und an kühlem Ort ruhen lassen. Mit einem gewellten Ausstecher runde Plätzchen ausstechen, auf ein Blech legen und mit einer Gabel regelmäßig einstechen. Hellgelb backen (175 °C, etwa 12 Minuten). Die eine Hälfte der Plätzchen mit dunkler Schokoladenglasur überziehen, die andere Hälfte mit heller Rumglasur. Nach dem Trocknen werden die Hildatörtchen mit Buttercrème oder Marmelade zusammengesetzt.
dav
2. Variante: nach dem Tagebuch von Elisabeth Schulz, Frankfurt am Main 1910
200 g Mehl
150 g Butter
100 g Zucker
1 Eigelb
100 g geriebene blanchierte Mandeln
1 Prise Salz
Schnell aus den Zutaten einen Mürbeteig kneten und an kühlem Ort ruhen lassen. Mit einem gewellten Ausstecher runde Plätzchen (Blumen) ausstechen, auf ein Blech legen und mit einer Gabel regelmäßig einstechen. Die Hälfte der Plätzchen wird in der Mitte mit einem Fingerhut oder einem kleinen Glas ausgestochen, so daß ein Ring entsteht. Hellgelb backen (175 °C, etwa 12 Minuten).
Die runden Plätzchen werden nun dünn mit roter Marmelade bestrichen und mit dem zuvor ausgestochenen Ring zusammengesetzt. Die Gebäckringe werden vorher mit ihrer Oberfläche in Puderzucker getaucht.
Hohenzollernbrot
Aus dem Tagebuch von Elisabeth Schulz stammt auch das folgende Rezept für das patriotische „Hohenzollernbrot“, das sie im Dezember 1913 aufgeschrieben hat. 1913 war für das deutsche Kaiserhaus ein ereignisreiches Jahr: Kaiser Wilhelm II. beging am 15. Juni sein silbernes Regierungsjubiläum mit Festlichkeiten, fürstlichen Gästen aus dem In- und Ausland – und den üblichen Militärparaden. Im Mai bereits fand in Berlin die Vermählung der Prinzessin Victoria Luise mit Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg statt. Zar Nikolaus II. von Rußland, das britische Königspaar und zahlreiche andere Fürstlichkeiten waren aus diesem Anlass nach Berlin gekommen. Es war das letzte internationale Zusammentreffen des eng verwandten europäischen Hochadels vor der Katastrophe des Ersten Weltkrieges.
mde
Zutaten und Zubereitung
Es werden 500 g Zucker mit vier ganzen Eiern tüchtig verrührt, dann kommen 60 g Mandelstifte, 125 g Orangeat und Zitronat, die abgeriebene Schale einer Zitrone, etwas gestoßene Nelken und Zimt dazu. Diese Zutaten werden mit 500 g Mehl und einem flachen Teelöffel Hirschhornsalz zu einem Teig verarbeitet. Dann wird der Teig nicht zu dünn ausgerollt. Mit einem Kuchenrädchen werden drei Finger breite, lange Streifen geschnitten und diese dann wieder in nicht zu kleine Quadrate geschnitten. Bei guter Ofenhitze wird das Hohenzollernbrot nicht zu hell gebacken (180 °C, knapp 15 Minuten).
Herrschaftsstollen
Hier soll noch ein Stollenrezept aus Hinterpommern folgen, das eine Schwägerin meiner Großmutter aufschrieb, als sie um 1940 bei einer befreundeten adligen Gutsbesitzerfamilie bei Dratzig als Sekretärin mit Familienanschluß tätig war. Interessant ist in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen „Herrschaftsstolle“ und „Leutestolle“, von dem meine Tante erzählte: Ende November wurden in der großen Küche des Gutes sechs große Stollen für die Herrschaften gebacken, wobei die Zutaten – Rosinen, Sultaninen, Korinthen und Orangenmarmelade reichhaltig bemessen wurden. Dann folgten die Stollen für die „Leute“, also die Arbeiterinnen und Arbeiter der Gutswirtschaft und ihre Familien sowie die Verwalterfamilie. Für sie wurden fünfundzwanzig Stollen gebacken, wobei die Zutaten, vor allem Rosinen und Korinthen, weniger reichlich Verwendung fanden – und das aromatische Rosenwasser wurde ganz weggelassen.
Herrschaftlicher Stollen (c) Archiv Thomas Weiberg
Zutaten und Zubereitung
Das Rezept ist für zwei große oder drei mittlere Stollen gedacht:
1500 g Mehl
1000 g Rosinen, Korinthen und Sultaninen gemischt und in Rum oder Arrak getränkt
500 g Zucker
375 g Butter
200 g Palmin
3 große Eier
4 Eßlöffel Marmelade von bitteren Orangen
100 g geriebene blanchierte Mandeln
100 g Orangeat
100 g Zitronat
reichlich 125 g Hefe (dreieinhalb Würfel Hefe)
250 ml warme Milch
1 Teelöffel Salz
1 Teelöffel Zimt
1 Teelöffel Muskatblüte
eine halbe Tasse Rosenwasser
flüssige Butter zum Bestreichen der Stollen, Puderzucker zum Einzuckern.
Zunächst wird mit der Hefe ein Vorteig angesetzt, der 20 Minuten gehen muß. Diesem Vorteig werden das mit den Eiern und dem Rosenwasser gemischte flüssige Fett und die Orangenmarmelade zugegeben. Nun wird ein Teig geknetet, dem nach und nach die übrigen Zutaten hinzugefügt werden. Dieser Teig muß eine gute halbe Stunde gehen, bevor er zu zwei oder drei Stollen geformt wird. Diese müssen nochmals etwa 20 Minuten gehen, dann werden sie bei nicht zu großer Hitze (175 °C) gebacken. Bei zwei Stollen rechnet man etwa 50 Minuten, bei drei Stollen beträgt die Backzeit etwa 45 Minuten.
Die heißen Stollen werden sofort mit flüssiger Butter reichlich bestrichen und mit reichlich Puderzucker eingezuckert.
Lebkuchen-Genießer
Zum Schluß sei hier noch eine besondere Lebkuchenbestellung aus der Kaiserzeit angefügt. Freiherr Alexander von Humboldt-Dachroeden, der Kommandeur des Lehr-Infanterie-Bataillons in Potsdam bestellte am 18. Dezember 1913 bei Bäckermeister Karth in Eiche folgendes:
Das Bataillon ersucht um Anfertigung von 16 Pfefferkuchen und zwar:
Je einen für Seine Majestät den Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin,
je einen für Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen Wilhelm und Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Frau Kronprinzessin Cecilie,
je einen für Seine Königliche Hoheit den Prinzen Eitel Friedrich und Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Sophie Charlotte,
je einen für Seine Königliche Hoheit den Prinzen August Wilhelm und Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Alexandra Victoria,
je einen für Seine Königliche Hoheit den Prinzen Adalbert, Oskar, Joachim, Wilhelm, Louis Ferdinand, Hubertus, Friedrich und Alexander.
Um richtige Schreibweise der Namen wird gebeten.
Die Kuchen sind am 22. d. M. 11.30 vorm. auf dem Bataillon-Geschäftszimmer abzugeben.
Frhr. von Humboldt
Literatur
Heinrich Höntsch: Über 1450 nur praktisch erprobte Rezepte. Gera 1913.
Das Tagebuch der Elisabeth Schulz befindet sich im Besitz des Verfassers.
Text
Thomas Weiberg, Schlossassistent Schloss Charlottenburg
Abbildungen
Mit Ausnahme des Porträts von Großherzogin Hilda von Baden (Quelle Wikipedia) stammen alle Abbildungen aus dem Archiv des Autors.
Von Herrschaftsstollen, Hildatörtchen und Hohenzollernbrot
Fürstliche Weihnachtsgeschenke in letzter Minute selbstgemacht
Das Weihnachtsfest und die Adventszeit waren auch für den Adel – ganz gleich, ob es sich um regierende Fürsten, Militärs oder Gutsbesitzer handelte, stets etwas Besonderes.
Weihnachtsplätzchen – in der Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges oftmals ›Brötchen‹ genannt –, Stollen und andere Näschereien gehörten auf Schlössern und Gütern ebenso selbstverständlich zu den Festtagen dazu wie in den bürgerlichen Familien. Rezeptsammlungen fürstlicher Hofköche oder -bäcker beispielsweise bieten in diesem Zusammenhang eine interessante aufschlußreiche Lektüre.
1913 gab der „Fürstliche Mundkoch“ Heinrich Höntsch eine Sammlung von 1450 „nur praktisch erprobten Rezepten“ heraus, etliche von ihnen erzählen den aufmerksamen Leserinnen und Lesern so ganz nebenbei von familiären Beziehungen, fürstlichen Reisen, politischen Begebenheiten und von Mitgliedern der Familie. Heinrich Höntsch kochte für Fürst Heinrich XXVII. Reuß jüngerer Linie und Fürstin Elise, die hauptsächlich auf Schloß Osterstein in Gera residierten. Fürstin Elise war eine Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg und Cousine der Kaiserin Auguste Victoria. Das folgende Gebäck hatte Fürstin Elise vielleicht bei einem Besuch der Großherzogin von Oldenburg kennengelernt – und ihrem Koch Heinrich Höntsch das Rezept mitgebracht.
Güldensteiner Schnitten
Kennen Sie Schloß Güldenstein bei Lensahn in Schleswig-Holstein? Das barocke Schloß gehörte mitsamt der Gutswirtschaft seit der Mitte des 19. Jahrhunderts den Großherzögen von Oldenburg und wird auch heute noch von der herzoglichen Familie bewohnt. Zur Zeit des letzten regierenden Großherzogspaares Friedrich August und Elisabeth hielt sich der oldenburgische Hof während des Frühjahrs und Herbstes immer wieder für kürzere Zeit auf Schloß Güldenstein auf, während die eigentliche Sommerresidenz in den holsteinischen Landesteilen des Großherzogtums das nahegelegene Eutin war. Verwandtschaftliche und freundschaftliche Kontakte verbanden Großherzogin Elisabeth mit der in Gera regierenden Familie der Fürsten Reuß jüngerer Linie.
Zutaten
300 g Mehl
200 g Butter
100 g Zucker
1 Prise Salz
4 Eigelb
Füllung: Himbeermarmelade
Glasur: Orangenglasur (Puderzucker, etwas Orangensaft, rote Lebensmittelfarbe)
mde
Zubereitung
Aus den Zutaten wird schnell ein glatter Mürbeteig geknetet, der anschließend an einem kühlen Ort ruhen soll. Der Teig wird nicht zu dünn ausgerollt und in lange Streifen von etwa drei Fingern Breite geschnitten. Auf dem Backblech werden diese Streifen mit der Gabel regelmäßig eingestochen und zu heller gelber Farbe gebacken (175 °C, etwa 12 Minuten). Danach werden die Streifen mit Himbeermarmelade zusammengesetzt und mit Orangenglasur überzogen. Nach dem Trocken werden sie mit einem scharfen Messer behutsam in kleine Schnitten geschnitten.
Hildatörtchen
Herzog Adolph von Nassau sei nach der Annexion seines Landes Preußen gegenüber so feindlich eingestellt, daß er kaum gewillt sein würde, seine Tochter, Prinzessin Hilda, mit dem zukünftigen deutschen Kaiser (Wilhelm II.) zu verheiraten, stellte die preußische Kronprinzessin Victoria in einer 1879 entstandenen Auflistung der heiratsfähigen deutschen Prinzessinnen fest. Sie hatte recht, Prinzessin Hilda (1864-1952) von Nassau heiratete 1885 den badischen Thronfolger Friedrich. Von 1907 bis zur Revolution im November 1918 war Hilda dann die letzte badische Großherzogin.
Hildatörtchen oder -Brötchen erfreuten sich großer Beliebtheit und fanden in diverse Koch- und Backbücher Eingang. Heinrich Höhnisch nennt in seiner Rezeptsammlung eine Variante, bei der die Hildatörtchen zweifarbig, mit dunkler Schokoladen- und heller Rumglasur überzogen werden und je nach Wunsch entweder mit Buttercrème oder mit Marmelade gefüllt werden können.
1. Variante: nach Heinrich Höntsch
200 g Mehl
170 g Butter
100 g geriebene blanchierte Mandeln
100 g Zucker
1 Prise Salz
Füllung: Buttercrème oder Marmelade
Glasur: Puderzucker, Kakao, Rum
Schnell aus den Zutaten einen Mürbeteig kneten und an kühlem Ort ruhen lassen. Mit einem gewellten Ausstecher runde Plätzchen ausstechen, auf ein Blech legen und mit einer Gabel regelmäßig einstechen. Hellgelb backen (175 °C, etwa 12 Minuten). Die eine Hälfte der Plätzchen mit dunkler Schokoladenglasur überziehen, die andere Hälfte mit heller Rumglasur. Nach dem Trocknen werden die Hildatörtchen mit Buttercrème oder Marmelade zusammengesetzt.
dav
2. Variante: nach dem Tagebuch von Elisabeth Schulz, Frankfurt am Main 1910
200 g Mehl
150 g Butter
100 g Zucker
1 Eigelb
100 g geriebene blanchierte Mandeln
1 Prise Salz
Schnell aus den Zutaten einen Mürbeteig kneten und an kühlem Ort ruhen lassen. Mit einem gewellten Ausstecher runde Plätzchen (Blumen) ausstechen, auf ein Blech legen und mit einer Gabel regelmäßig einstechen. Die Hälfte der Plätzchen wird in der Mitte mit einem Fingerhut oder einem kleinen Glas ausgestochen, so daß ein Ring entsteht. Hellgelb backen (175 °C, etwa 12 Minuten).
Die runden Plätzchen werden nun dünn mit roter Marmelade bestrichen und mit dem zuvor ausgestochenen Ring zusammengesetzt. Die Gebäckringe werden vorher mit ihrer Oberfläche in Puderzucker getaucht.
Hohenzollernbrot
Aus dem Tagebuch von Elisabeth Schulz stammt auch das folgende Rezept für das patriotische „Hohenzollernbrot“, das sie im Dezember 1913 aufgeschrieben hat. 1913 war für das deutsche Kaiserhaus ein ereignisreiches Jahr: Kaiser Wilhelm II. beging am 15. Juni sein silbernes Regierungsjubiläum mit Festlichkeiten, fürstlichen Gästen aus dem In- und Ausland – und den üblichen Militärparaden. Im Mai bereits fand in Berlin die Vermählung der Prinzessin Victoria Luise mit Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg statt. Zar Nikolaus II. von Rußland, das britische Königspaar und zahlreiche andere Fürstlichkeiten waren aus diesem Anlass nach Berlin gekommen. Es war das letzte internationale Zusammentreffen des eng verwandten europäischen Hochadels vor der Katastrophe des Ersten Weltkrieges.
mde
Zutaten und Zubereitung
Es werden 500 g Zucker mit vier ganzen Eiern tüchtig verrührt, dann kommen 60 g Mandelstifte, 125 g Orangeat und Zitronat, die abgeriebene Schale einer Zitrone, etwas gestoßene Nelken und Zimt dazu. Diese Zutaten werden mit 500 g Mehl und einem flachen Teelöffel Hirschhornsalz zu einem Teig verarbeitet. Dann wird der Teig nicht zu dünn ausgerollt. Mit einem Kuchenrädchen werden drei Finger breite, lange Streifen geschnitten und diese dann wieder in nicht zu kleine Quadrate geschnitten. Bei guter Ofenhitze wird das Hohenzollernbrot nicht zu hell gebacken (180 °C, knapp 15 Minuten).
Herrschaftsstollen
Hier soll noch ein Stollenrezept aus Hinterpommern folgen, das eine Schwägerin meiner Großmutter aufschrieb, als sie um 1940 bei einer befreundeten adligen Gutsbesitzerfamilie bei Dratzig als Sekretärin mit Familienanschluß tätig war. Interessant ist in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen „Herrschaftsstolle“ und „Leutestolle“, von dem meine Tante erzählte: Ende November wurden in der großen Küche des Gutes sechs große Stollen für die Herrschaften gebacken, wobei die Zutaten – Rosinen, Sultaninen, Korinthen und Orangenmarmelade reichhaltig bemessen wurden. Dann folgten die Stollen für die „Leute“, also die Arbeiterinnen und Arbeiter der Gutswirtschaft und ihre Familien sowie die Verwalterfamilie. Für sie wurden fünfundzwanzig Stollen gebacken, wobei die Zutaten, vor allem Rosinen und Korinthen, weniger reichlich Verwendung fanden – und das aromatische Rosenwasser wurde ganz weggelassen.
Herrschaftlicher Stollen (c) Archiv Thomas Weiberg
Zutaten und Zubereitung
Das Rezept ist für zwei große oder drei mittlere Stollen gedacht:
1500 g Mehl
1000 g Rosinen, Korinthen und Sultaninen gemischt und in Rum oder Arrak getränkt
500 g Zucker
375 g Butter
200 g Palmin
3 große Eier
4 Eßlöffel Marmelade von bitteren Orangen
100 g geriebene blanchierte Mandeln
100 g Orangeat
100 g Zitronat
reichlich 125 g Hefe (dreieinhalb Würfel Hefe)
250 ml warme Milch
1 Teelöffel Salz
1 Teelöffel Zimt
1 Teelöffel Muskatblüte
eine halbe Tasse Rosenwasser
flüssige Butter zum Bestreichen der Stollen, Puderzucker zum Einzuckern.
Zunächst wird mit der Hefe ein Vorteig angesetzt, der 20 Minuten gehen muß. Diesem Vorteig werden das mit den Eiern und dem Rosenwasser gemischte flüssige Fett und die Orangenmarmelade zugegeben. Nun wird ein Teig geknetet, dem nach und nach die übrigen Zutaten hinzugefügt werden. Dieser Teig muß eine gute halbe Stunde gehen, bevor er zu zwei oder drei Stollen geformt wird. Diese müssen nochmals etwa 20 Minuten gehen, dann werden sie bei nicht zu großer Hitze (175 °C) gebacken. Bei zwei Stollen rechnet man etwa 50 Minuten, bei drei Stollen beträgt die Backzeit etwa 45 Minuten.
Die heißen Stollen werden sofort mit flüssiger Butter reichlich bestrichen und mit reichlich Puderzucker eingezuckert.
Lebkuchen-Genießer
Zum Schluß sei hier noch eine besondere Lebkuchenbestellung aus der Kaiserzeit angefügt. Freiherr Alexander von Humboldt-Dachroeden, der Kommandeur des Lehr-Infanterie-Bataillons in Potsdam bestellte am 18. Dezember 1913 bei Bäckermeister Karth in Eiche folgendes:
Literatur
Heinrich Höntsch: Über 1450 nur praktisch erprobte Rezepte. Gera 1913.
Das Tagebuch der Elisabeth Schulz befindet sich im Besitz des Verfassers.
Text
Thomas Weiberg, Schlossassistent Schloss Charlottenburg
Abbildungen
Mit Ausnahme des Porträts von Großherzogin Hilda von Baden (Quelle Wikipedia) stammen alle Abbildungen aus dem Archiv des Autors.