Prinzessin Feodora: Schokolade für eine Schwester der Kaiserin
Rosenzeit
Wie reich sie blühen,
wie satt sie glühen,
wie sie sich neigen
auf schlanken Zweigen!
Wie ist die Welt so still und weit.
Wie ich dich liebe du Rosenzeit!
Prinzessin Feodora
Prinzessin Feodora zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1874-1910), die jüngste Schwester der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria, wird heute kaum jemandem als Schriftstellerin oder Lyrikerin ein Begriff sein. Und doch ist sie noch immer in gewisser Weise durch eine ganz andersartige Hinterlassenschaft präsent, die in einem bemerkenswerten Gegensatz zu einer schöngeistigen Natur, die neben einer Reihe bemerkenswerter Gedichte, zwei Romane, Märchen und einige Erzählungen verfaßte, zu stehen scheint: Bereits seit 1910 trägt eine Schokoladenmarke ihren Namen sowie das Wappen der Herzöge zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg.
„F“ wie „Feodora“
Bis vor wenigen Jahren war zudem die tatsächliche Unterschrift der Prinzessin – ein energischer Schriftzug – auf den Schokoladenerzeugnissen zu sehen, wobei ebenso ihr Monogramm, zwei gekreuzte schlanke ›F‹, immer wieder Verwendung fand. In leicht abgewandelter Form wird auch heute noch der Namenszug der Prinzessin als Markenzeichen verwendet. Wie kam es zu dieser Verbindung zwischen einer schleswig-holsteinischen Prinzessin und der damals noch in Tangermünde ansässigen Schokoladenfabrik der Familie Meyer? Von 1903 bis zu ihrem frühen Tod im Juni 1910 bewohnte Prinzessin Feodora auf Wunsch der Kaiserin Auguste Victoria gemeinsam mit ihrer Hofdame Ida Roeder von Diersburg das ganz in der Nähe des Neuen Palais in Potsdam gelegene Herrenhaus des Krongutes Bornstedt. Emil Simon, der Pfarrer der Kirche in Bornstedt, der mit der Prinzessin befreundet war, hatte eine Tochter des Schokoladenfabrikanten Meyer geheiratet.
Wie es 1910 dann letztlich zu der Namensgebung kam, ist heute nicht mehr genau zu ermitteln. Die Tochter Pfarrer Simons erinnerte sich:
»Bald nach ihrem Tode [die Prinzessin war am 21. Juni verstorben] kam eines Tages der Bruder meiner Mutter, Onkel Hermann aus Tangermünde, der die Chocolade-Fabrik leitete, zu uns und gab an, er habe mit zehn deutschen Fabriken ein Schweizer Chocoladenrezept gekauft und daraus eine völlig neue Chocolade entwickelt, eine ganz besonders feine und hochwertige. Für diese suche er einen guten Namen und frage an, ob meine Eltern durch ihre Beziehungen zum Hofe ihm die Erlaubnis vermitteln könnten, diese Chocolade ›Feodora‹ nennen zu dürfen. Mein Vater schrieb an das Kabinett der Kaiserin. Unter der Bedingung, daß sie die Verpackung aussuche, willigte Auguste Viktoria ein. Die Farbe und die Anordnung des Namenszuges, des Wappens von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg und die ›F‹ hat die Kaiserin nach verschiedenen Entwürfen selbst ausgesucht. Die gekreuzten ›F‹ hatte die Prinzessin auf ihren Bestecken und auf ihrem Porzellan.«
Die Farbe des Papiers, in dem die Schokolade bis heute verpackt ist– Chamois (Gelb) – war eine der Lieblingsfarben der Kaiserin, ebenso das Violett, das gelegentlich verwendet wurde. Kaiserin Auguste Victoria soll schließlich selbst Tafeln der nunmehrigen Feodora-Schokolade auf einem Potsdamer Wohltätigkeitsmarkt zu Weihnachten 1910 verkauft haben, erinnerte sich die Tochter des Pfarrers zudem.
Kluge Marketingstrategie?
Es war damals zwar weithin üblich, beispielsweise Gebäcke aller Art nach Herrscherinnen und Prinzessinnen zu benennen, wie die entsprechenden Kochbücher der Zeit vor 1918 und auch später zeigen – als bis heute prominentestes Beispiel sei hier nur die Kaiserin-Friedrich-Torte aufgeführt (benannt nach der Mutter Kaiser Wilhelms II., der Kaiserin Victoria, die sich selbst Kaiserin Friedrich nannte). Aber es erscheint doch zumindest in Deutschland singulär, dass bereits 1910 ein bestimmtes Industrieprodukt den Namen einer Prinzessin führen durfte, um dann der gesamten Firma den Namen zu geben. Die bewusste Zustimmung des Kaisers, um dessen Schwägerin es sich immerhin handelte, sowie der holsteinischen Herzogsfamilie – es erscheint schwer vorstellbar, dass der Chef des Hauses, Feodoras Bruder Herzog Ernst Günther, nicht auch sein Einverständnis zu dieser Namensgebung erklärte – ist Anlass folgender Überlegung: War die Schokolade „Feodora“ lediglich ein weiterer Ausdruck der großen Popularität der Monarchie um 1910 in Deutschland? Oder stellte die Benennung einer Schokolade und dann einer ganzen Firma nach einer Prinzessin einen weitergehenden Versuch dar, auf moderne Weise Monarchie und Wirtschaft zu verbinden? Letzteres würde heißen, dass dies im Sinne einer Public relation letztlich von der herzoglichen Familie und besonders dem Kaiserhaus durchaus gewünscht wurde.
Kaiser Wilhelm II. war gerade in dieser Hinsicht ein sehr moderner Monarch, der ganz bewusst moderne Strömungen und Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft mit monarchischer Tradition zu verbinden suchte. Es sei hier nur an seine Bereitschaft zu Nobilitierungen erinnert – vorausgesetzt die Betreffenden waren bereit, namhafte Summen für die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu spenden.
Da sich die Schokoladenmarke Feodora bis heute großer Popularität erfreut, ist mittlerweile eine über 100 Jahre währende Kontinuität zu verzeichnen, die allen Staatsformen trotzte.
Literatur
Thomas Weiberg: Prinzessin Fedora. Nach Sternen jagen… Ein Leben als Schwester der letzten deutschen Kaiserin. Berlin: Berlin Story Verlag, 2008.
Autor des Beitrags
Thomas Weiberg, die Abbildungen entstammen seinem Archiv
Liebe Frau..,
ich interessiere mich Geschichte , Kultur und Kunst .
Meine Familie stammt aus Benelux, Ostseeraum ; Rostock , Strahlsund Ückermünde , Swinemünde, Colberg
France ; Metz , Lile, Rheinland; Köln, Kylburg , Daun.
Das Schicksal der Prinzessin Feodora hat mich berührt.., das Sie viel zu jung verstarb.
Ich liebe auch das Wort der Poeisie … Gedanken der Reinheit und Gefühle von Menschenkinder!
Herzlichst
Harry Leonhard van Putten
Sehr geehrter Herr van Putten,
es freut uns sehr, dass Sie an unserer Website und an der Geschichte von Prinzessin Feodora so rege Anteil nehmen. Wir hoffen, Sie auch in Zukunft unter den Lesern zu finden, und wünschen Ihnen eine schöne Zeit.
Herzliche Grüße
Ihre
Andrea Hahn
Sehr geehrte Damen und Herren,
Können sie mir sagen , warum das Wappen von der Prinzessin Feodora nicht mehr auf der Verpackung abgedruckt wird ?
War die Genehmigung der Kaiserin Augusta Viktoria befristet? Ich werde häufig danach gefragt! Es interessiert mich sehr. Vielleicht können sie mir zu dieser Frage
eine genaue Beantwortung geben..
Vielen Dank im Voraus.
M.f.G. Bernd Kruse
Sehr geehrter Herr Kruse,
leider können wir diese Frage nicht beantworten, aber wir werden nachforschen und Ihnen Bescheid geben, sobald wir mehr wissen. Vielen Dank für Ihr Interesse!
Mit besten Grüßen
Andrea Hahn
Sehr geehrter Herr Kruse,
hier ist die Antwort unseres Autors Thomas Weiberg: „Das Wappen der Herzöge zu Schleswig-Holstein ist, wenn auch verfremdet (stark vergröbert), weiterhin auf den Feodora-Produkten zu finden. Die Firma hat sich in den vergangenen zehn Jahren von der tatsächlichen Namensgeberin distanziert, hat ihre originale Unterschrift stark verändert beziehungsweise durch einen neutralen Schriftzug ersetzt und orientiert eher auf eine imaginäre ›Gourmet-Prinzessin‹ hin. Auch das Monogramm Feodoras ist nicht mehr auf dem Staniol der Schokoladentafeln zu finden.“
Wieso das so ist, können wir aber leider nicht sagen, vielleicht ist die Prinzessin heute einfach nicht mehr bekannt genug. Möglicherweise kann Ihnen die Presseabteilung des Unternehmens mehr sagen.
Mit besten Grüßen
Andrea Hahn